Hintergrund: Die Stiftung „Omnis Religio“ im Zusammenhang von Ehrenamtsstrukturen und dem Reformprozess des Stiftungsrechts

Foto: Engagement et Citoyenneté-Suresnes:
https://www.suresnes.fr/mon-enfant/jeunesse/engagement-et-citoyennete/

„Die Stärke eines Landes wird oft an Wirtschaftszahlen oder der Qualität der Sozial- und Gesundheitsversorgung festgemacht. Auch wenn diese Faktoren in der Tat hohe Aussagekraft über den Zustand eines Landes haben, wird ein elementarer Baustein bei dieser Betrachtung oft nicht ausreichend berücksichtigt: das freiwillige Engagement der Bürgerinnen und Bürger. Dieses Engagement hat eine große Bedeutung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Es ist unerlässlich für individuelle Teilhabe, gesellschaftliche Integration, Wohlstand, das kulturelle Leben, stabile demokratische Strukturen und soziale Bindungen.

In Deutschland engagieren sich 31 Millionen Bürgerinnen und Bürger freiwillig und ohne Bezahlung für das Gemeinwohl. Das Engagement ist dabei so wichtig wie verschieden. Die einen sind Retter, wenn die Not am größten ist. Sie löschen Feuer, bekämpfen Naturkatastrophen oder leisten Erste Hilfe. Andere wiederum übernehmen Aufgaben im Sportverein, begleiten Menschen mit Beeinträchtigungen im Alltag oder kümmern sich um die Integration von Flüchtlingen. Die Möglichkeiten des freiwilligen Engagements in Deutschland sind breit gefächert und in nahezu allen Lebensbereichen möglich!“

Zitat aus BMI – Bundesministerium des Innern
https://www.bmi.bund.de/DE/themen/heimat-integration/buergerschaftliches-engagement/bedeutung-engagement/engagement-artikel.html

Das Gesetz zur Errichtung der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt vom 25. März 2020 (BGBl. I S. 712) ist am 2. April 2020 in Kraft getreten. Ziel der Stiftung ist es, dazu beizutragen, ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement in Deutschland zukunftssicher zu machen. Daher fördert die Stiftung Innovationen – insbesondere im Bereich der Digitalisierung, stärkt Engagement- und Ehrenamtsstrukturen und vernetzt Bund, Länder, Kommunen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Begleitend zu ihren Aufgaben unterstützt die Stiftung auch Forschungsvorhaben. Damit stellt sie sicher, dass sich die Tätigkeit der Stiftung eng an den Bedarfen der Ehrenamtlichen orientiert und flexibel auf Veränderungen reagieren kann (BMI: Deutsche-Stiftung-für-Engagement-und-Ehrenamt).

Der Gesetzesentwurf zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts wurde mit den Stimmen der großen Koalition am 24. Juni 2021 im Bundestag verabschiedet und gleich am Folgetag auch im Bundesrat. Ab Juli 2023 soll ein bundeseinheitliches Stiftungsrecht für alle Stiftungen gelten und das bisher geltende zersplitterte materielle Landesstiftungsrecht ablösen. Dazu wird die Kodifizierung der Business Judgement Rule [https://de.wikipedia.org/wiki/Business_Judgment_Rule] vorgenommen, wonach Stiftungsorgane dann nicht für eine Fehlentscheidung haften, wenn sie bei der Geschäftsführung unter Beachtung von Satzung und Gesetzen sowie auf Grundlage angemessener Informationen annehmen durften, dass sie zum Wohle der Stiftung handeln. Zudem gilt die bewährte Haftungsregelung des
§ 31a BGB fort. Danach haften Organe nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, solange sie keine oder eine Vergütung von nicht mehr als 840 € jährlich erhalten.

Es wurden Änderungsvorschläge mit dem Fokus auf Verbesserung von Gestaltungsmöglichkeiten für Stifterinnen und Stifter sowie im Blick auf Handlungsmöglichkeiten für die Verantwortlichen in Stiftungen eingebracht. Eine politische Diskussion über die gesellschaftliche Bedeutung der Stiftungen und der daraus folgenden notwendigen Optimierung des Stiftungsrechts wurde bisher nicht geführt, und sollte nun in der kommenden Legislaturperiode mit dem Ziel einer effektiven Modernisierung des Stiftungsrechts weiter geführt werden.

Der Einsatz der Bürger entlastet den Staat. In Deutschland geben Stiftungen fast 20 Milliarden € im Jahr aus. Doch wird es den Stiftungen seit einiger Zeit schwerer gemacht, ihr Vermögen so sicher und ertragreich anzulegen, wie es der Gesetzgeber fordert. Unternehmensstiftungen hängen an der Ertragslage des Betriebs, an dem sie beteiligt sind.

Beispiel: Die Zeppelin-Stiftung ist eine der reichsten Stiftungen Deutschlands. Mit der Auflösung der alten Zeppelin-Stiftung 1947 ging das Stiftungsvermögen an die Stadt Friedrichshafen über, die es seither als Sondervermögen verwaltet. Der Stadt Friedrichshafen sichert sie in Zeiten überschuldeter Haushalte und damit einhergehender kommunaler Finanzierungsengpässe weitgehende Handlungsspielräume. Grund für den Reichtum der Stiftung ist eine bedeutende Unternehmensbeteiligung. Die Zeppelin-Stiftung und damit die Stadt Friedrichshafen hält aktuell mehr als 90 Prozent der Aktien am Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen, einem Unternehmen mit 130.000 Mitarbeitern weltweit, das 2015 rund 30 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftete. Über die Stiftung fließen jährlich rund 50 Millionen Euro zusätzlich in den Geldbeutel des Stadtkämmerers, der zugleich Stiftungspfleger ist.

Steckt das Kapital in sicheren Anlagen wie Bundesanleihen, bringt das kaum noch Einnahmen. Das Vermögen wird schleichend entwertet. Stiftungen müssen ihr Vermögen erhalten. Sie leben von den Erträgen, mit denen sie jedes Jahr ihre Arbeit finanzieren. Das bedeutet für deutsche Stiftungen: Mehr als zwei Drittel der Stiftungen hierzulande haben ein Kapital von weniger als einer Million Euro. Für sie zählt der ehrenamtliche Einsatz und die Spenden in besonderer Weise. Große Stiftungen haben ein höheres Vermögen, das sie breit streuen können. Sie beschäftigen meist eigene Mitarbeiter für die Kapitalanlage und stecken mehr Vermögen in Aktien und Immobilien. Nach einer Umfrage des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen unter seinen 185 Mitgliedern sanken die ordentlichen Erträge um etwa 50 Prozent in den vergangenen Jahren.

Jede Stiftung muss sich darum intensiver als je zuvor mit der Vermögensanlage beschäftigen. Wenn es ihr mit dem Kapitalerhalt ernst ist, wird sie Aktien und Immobilien suchen, um jenseits der Niedrigzinspapiere zu investieren. Es braucht mehr Aufmerksamkeit für die Finanzen, eine Anlagestrategie und das Verständnis dafür, dass der Wert des Vermögens und die Ausschüttungen schwanken. Mit abnehmenden Erträgen sinkt der gesellschaftliche Wert der Stiftungen.
Vgl.:
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/stiftungen-leiden-unter-niedrigen-zinsen-13973572.html

Besonders in Nullzinspolitik-Zeiten ist für eine Stiftung wie „Omnis Religio“ wichtig, dass das relativ kleine Vermögen wegen der Ertragslage wirtschaftlich gut orientiert ist.  Die kleinen Stiftungen stehen vor dem gleichen Dilemma wie jeder Sparer/jede Sparerin, deren Vermögen  minimal verzinst wird. Kleine Organisationen müssen darum erfinderisch werden, um zu überleben.

>>> https://www.deutschlandfunk.de/kein-geld-fuer-wohltaten-kleine-stiftungen-kaempfen-mit-der.724.de.html?dram:article_id=353790

>>>https://www.deutschlandfunkkultur.de/kultur-und-kapital-niedrigzinsen-treffen-stiftungen-hart.1013.de.html?dram:article_id=326006

Sie ist es sinnvoll, leichtere Möglichkeit erhalten, die Stiftungsmittel gänzlich zu verwenden oder sich mit anderen Stiftungen zusammen zu legen.
Ein Stiftungsregister mit Publizitätswirkung soll ab dem 1. Januar 2026 in Kraft treten.

https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2021/kw25-de-stiftungsrecht-846946

https://www.deutsches-stiftungszentrum.de/aktuelles-aus-dem-dsz/stiftungsrechtsreform-im-ueberblick

Hier geht es generell um ehrenamtliche und bürgerschaftliche Engagements im Blick auf Steuerentlastungen, Bürokratieabbau und eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts

(Vgl. u.a. das Beispiel zum sog. Attac-Urteil des Bundesfinanzhofes, BFH 2019: https://www.bundesfinanzhof.de/de/presse/pressemeldungen/detail/gemeinnuetzigkeit-und-politische-betaetigung/

Daraus folgt:

  • Abschaffung der zeitnahen Mittelverwendung für kleine gemeinnützige Organisationen 
  • Anhebung der Grenze für den vereinfachten Spendennachweis 
  • Anhebung der Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale
  • Anhebung der Freigrenze für Einnahmen aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb auf 45.000 €

Vgl.: https://www.stiftungen.org/stiftungen/basiswissen-stiftungen/recht-und-steuern/gemeinnuetzigkeitsrechtsreform.html

Für aktuelle Spenden und Spendenaktionen ist jetzt schon ein vereinfachter Zuwendungsnachweis zur Hilfe in Katastrophenfällen gegeben. Er genügt u.a. als Nachweis für Zuwendungen, die bis zum 31.10.2021 zur Hilfe in Katastrophenfällen auf ein für den Katastrophenfall eingerichtetes Sonderkonto eingezahlt werden. Es reicht der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts.

Vgl. zur Gesamtthematik: Ethische Anfragen und Herausforderungen bei Investitionen:

Philipp Haas: Die Kunst des Investierens.
14 Prinzipien für Aktien, finanzielle Freiheit und das gute Leben.
München: C.H. Beck 2021, 302 S.
Rezension: https://buchvorstellungen.blogspot.com/2021/09/philipp-haas-ethische-anfragen-und.html

und https://rel-omnis.de/ethische-anfragen-und-herausforderungen-bei-investitionen/

Prof. Dr. Eckhard Freyer, Bonn