Jalda Rebling: EAJL – European Academy for Jewish Liturgy – Die Europäische Akademie für Jüdische Liturgie in London


 Im Sommer
2010 flog ich nach Israel, um am Sommerkurs der Conservative Yeshiva in
Jerusalem teilzunehmen. 6 Wochen Zeit zum Lernen in Jerusalem. Keine
Verpflichtungen. Ein Traum wird wahr.


Dort traf ich Chasan (englisch: Chazan)* Jaclyn Chernett. Wir hatten schon
voneinander gehört.  Ihr erzählte man, von einer Frau aus Berlin, die ständig
über den Ozean fliegt, um Nussach HaT´filla, die jüdische Liturgie, zu
erlernen. Mir erzählte man, von einer Frau aus London die ständig über den
Ozean fliegt um Nussach HaT´filla zu lernen. Und hier in Jerusalem trafen wir
uns. Jacky erhielt ihre Semicha (Ordination) 2006 von der 
Academy for Jewish
Religion (AJR)
 in New York, und ich erhielt meine Semicha (Ordination) wenige
Monate später von der 
Alliance for Jewish
Renewal (ALEPH)

Für uns
beide war klar, dass wir wohl kaum einen „Job“ als Chasan an einer Synagoge in
Berlin oder London erhalten würden. Wir sind Frauen und „Kol Ischa“, die Stimme
der Frau, war für viele Gemeinden eine Unmöglichkeit. 

Jacky
hatte in London eine Organisation gegründet, die 
European Academy for
Jewish Liturgy (EAJL)

EAJL ist
eine academy without walls, inklusiv und egalitär. EAJL ist eine der 5 Säulen
von Masorti Europe (>>> 
Masorti
Europe – Masorti Judaism
). 
E
s gibt zunehmend kleine jüdische Gemeinden, die sich keiner
Denomination zuordnen. 

Dort, wo
sich mindestens zehn Juden zusammenfinden, können sie eine Gemeinde gründen.
Sie brauchen eine 
Mikwe (ein
Tauchbad) und einen 
Friedhof (Haus
der Ewigkeit). Man braucht nicht einmal einen Rabbiner oder eine/n Chasan. Umso
wichtiger wird die Arbeit von EAJL.

Da es
immer mehr kleine unabhängige jüdische Gemeinden in Europa gab, wollte Jaclyn
Chernett diesen Gemeinden ein Angebot machen: jeder kann lernen. Wenn du nur bestimmte
Teile des Gebetes lernen möchtest, kol hakavod, komm wir heißen
Dich willkommen und suchen dir einen qualifizierten Lehrer, der sich in deiner
Tradition auskennt und ihr lernt „one – to –one“ über Skype oder Zoom.

Naja,
sagte ich ihr, das ist großartig, aber lernen deine Studenten auch, wie man
eine k´hilla k´dosha, eine heilige Gemeinde erschafft?
Brauchen wir nicht auch Retreats oder Workshops und Kurse, die über mehrere
Tage gehen z.B. von Mittwoch bis Sonntag? So könnten die Teilnehmenden sowohl
Wochentagsgebete als auch einen ganzen Schabbat erleben. Wir coachen sie und
lernen mit ihnen.

Und so
entstand eine enge Zusammenarbeit, die zu einer tiefen Freundschaft wurde.
 Während der Diskussionen entschieden wir, dass jeder willkommen sei, egal
ob er/sie von
World
Union for Progressive Judaism – Wikipedia
von einer Masorti-Gemeinde oder
aus einer unabhängigen Chavurah kommt.  Juden verschiedener Traditionen können im
Gebet zusammen zu einer Gemeinde werden, selbst wenn sie unterschiedliche
Gebetbücher haben. So fand im Sommer 2012 der erste EAJL-Retreat
statt. 

EAJL-Retreat 2018: Moriah Ferrús, Yohanan Martín Monterdéz, Jalda Rebling,
 Jaclyn Chernett, Joey Weisenberg 

Ein Jahr
später bekamen wir eine Einladung, einen dreiwöchigen Kurs an der der Sommeruniversität
der Conservative
Yeshiva
 in Jerusalem zu geben. Der Kurs wurde ein großer Erfolg.
Nicht nur Studenten aus aller Welt, sondern auch ausgebildete Kantoren nahmen
an unseren Kursen und unseren Retreats teil.
Eine Kantorin sagte: „Ich habe etwas gelernt, von dem ich nicht wusste, dass es
mir fehlte“.

Sommeruniversität der Conservative Yeshiva Jerusalem:
Dr. Laurence Jacobs, Saralee Shreel-Fox, Jalda Rebling, Jaclyn Chernett,  
Professor Joanna Kubar President  Masorti Europe, Rabbi Joel Levy, Rosh Yeshiva

Rabbi Tzvi Graetz (Direktor von Masorti Olami)
 


Neben dem one-to-one tutoring, also dem sehr individuellen
Unterricht, lernen wir einmal im Jahr gemeinsam, entweder beim Retreat in
England oder in der Sommeruniversität von Jerusalem.

Nussach-Klasse, Sommer 2017 (Conservative Yeshiva Jerusalem) 

Morgengebet nahe der Klagemauer in Jerusalem 2019




Inzwischen
haben wir bereits an drei Absolventinnen und Absolventen ein Ba´al
T´filla-Diplom
 ausgegeben.
Ein Ba´al T´filla ist ein Meister des jüdischen Gebets. Das heißt dass diese
Absolventen das gesamte Spektrum jüdischer Liturgie und die sechs verschiedenen
Arten der Kantillation unserer Bücher beherrschen.

Jetzt
haben wir auch eine Chasan-Ausbildung (Semicha-Programm zur
Ordination) 
entwickelt. In diesem Jahr noch wird die erste Absolventin
eine Ordination als Chasan erhalten.

Die Covid
19-Plage verhinderte unser geplantes Retreat 2020. Dafür entstand ein EAJL-Online
Learning Day
. Wir beleuchteten Aspekte der aschkenasischen und
der sephardischen Liturgie. Dieser Online-Lerntag wurde ein so
großer Erfolg, dass wir nun ein Online Learning Programm entwickelten.
Wir unterrichten hier weiterhin in aschkenasischer und in sephardischer
Tradition.

·       
Ashkenazi-Jews –
das aschkenasische Judentum (wikipedia.en)

·       
Sephardi-Jews –
das sephardische Judentum (wikipedia.en)

·       
Das sephardische
Judentum auf der Iberischen Halbinsel und seine wirkungsgeschichtliche
Bedeutung

Im Sommer
2021 werden wir drei Wochen lang online an der Sommeruniversität in Jerusalem
unterrichten. Die moderne Technik ermöglicht uns weltberühmte Chasanim,
jüdische Kantorinnen und Kantoren, als Dozenten für diesen Kurs zu
gewinnen. Damit können alle europäischen Jüdischen Gemeinden, seien sie
noch so klein, von den besten Chasanim dieser Welt lernen.

Auch
unsere Studenten kommen inzwischen aus aller Welt: von Neuseeland bis zur
amerikanischen Westküste lernen Studierende aller Altersgruppen mit
EAJL-Nussach HaT´filla. Wir nennen die Liturgie auch musikalische Tora. Diese
musikalische Tradition ist Jahrtausende alt. Wir tragen sie zurück in alle vier
Enden dieser Welt, in denen es jüdische Gemeinden gibt.

Drei Generationen jüdischer Frauen werden zur Tora gerufen

Als
Chasan Jacky im Sommer 2010 nach drei Wochen ihren Kurs abgeschlossen hatte und
nach London zurückgeflogen war, sprach mich der Rosch Yeshiva, der Direktor der
Yeshiva, morgens um 7 Uhr, kurz vor dem Morgengebet, an:„Jalda kannst Du unseren Nussach-Kurs leiten?“ Hmm, eigentlich war ich ja
gekommen um zu lernen. Am meisten lernen wir von unseren Schülern.  Also
sagte ich zu und begann noch am selben Tag den Unterricht.

Zur
Erläuterung:
Chasan: Ein
Chasan ist ein Meister, eine Meisterin der jüdischen Liturgie. Er/sie 
leitet die Jüdischen Gemeinden im Gebet sowie bei allen Ereignissen im
Lebenszyklus von der Geburt bis zum Tod. Er/sie lehrt jüdisches
Wissen.  
Ein/e Chasan studiert genauso lange wie ein/e  Rabbiner/in.  In
vielen Seminaren studieren sie gemeinsam mit den Rabbinats-Studenten. Das
Studium wird mit einer 
Semicha, einer jüdischen Ordination,
abgeschlossen. 

Interreligiöses-feministisches Gespräch, Ramadan 2019:
Ganz links die Moderatorin, Feride Funda Gencaslan, Pfarrerin Gerdi Nützel und Jalda Rebling

Mehr zu Jalda Rebling
(Homepage) >>>

Überregionale interkulturelle und unterreligiöse Musikarbeit
ergänzt durch den interkulturellen Mittelpunkt:
— 
MAKOM
– Kunst & Schule
 in
Wittbrietzen,  Ortsteil von Beelitz (Brandenburg)
— Jalda Rebling ist seit Februar 2021 auch Director of
Studies der 
     
European Academy for
Jewish Liturgy (EAJL)
  in London.




Jalda Rebling, Susanne Ansorg, Sabine Heller und
Hans-Werner Apel, Stefan Maass, Michael Metzler und Veit Heller

Alle Fotos © Jalda Rebling

Redaktion:
InterReligiöse Bibliothek (IRB)

  

 

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