Erwin Kräutler: Von Amazonien lernen – Zukunftsorientierung und — Kirchenreform jetzt !

Erwin Kräutler: Erneuerung jetzt.
Impulse zur
Kirchenreform aus Amazonien.
In Zusammenarbeit mit Josef Bruckmoser
Innsbruck-Wien: Tyrolia 2019, 160 S.
— ISBN
978-3-7022-3786-8 —


     
(also at the end
of the review /
     aussi au bout du compte rendu /
     también al final de la reseña)


Erwin Kräutler, „Dom Erwin“ (geb. 12.07.1939 in Vorarlberg), ist
einer der bekanntesten und für den Vatikan einer der unbequemsten Bischöfe der
katholischen Weltkirche. Sein langjähriges Bistum Xingu (1981-2015) ist das
flächenmäßig größte Brasiliens, überhaupt: sein Herz schlägt in und für
Amazonien, für die Entrechteten, besonders für die indigenen Völker und damit
auch für den Regenwald, die Lunge der Welt. Er war und ist ein höchst
gefährdeter Mann, der mit Morddrohungen leben muss und auch nur knapp einem
Mordanschlag entging. So hat sich für ihn seit der Zeit der brasilianischen
Militärdiktatur und nun auch unter dem jetzigen Präsidenten Bolsonaro wenig
geändert. Immerhin steht der Bischof seit langem unter Polizeischutz.

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Seit
Papst Franziskus im Amt ist, scheinen sich neue seelsorgerliche und
kirchenpolitische Möglichkeiten aufzutun, die die Kirche Lateinamerikas schon
seit langem einfordert. Im Grunde realisiert sich hier ein Weiterdenken des 
2. Vatikanischen Konzils. Die Theologie der Befreiung und die Etablierung von
selbständigen Basisgemeinden entwickelten sich seit der lateinamerikanischen
Bischofskonferenz im kolumbianischen Medellín 1968 und zeugen von einer zugleich
interkulturellen Kirche im Aufbruch und der konsequenten Option für die Armen –
allerdings misstrauisch beäugt und verurteilt durch die Päpste Johannes Paul
II. und Benedikt XVI. Bei Papst Franziskus wurde „Dom Erwin“ jedoch einer der
Berater und hat wesentlich an der Umweltenzyklika „Laudato Si“ (2015) mitgearbeitet. 

Sein gerade erschienenes Buch kann darum wie ein Programm für die
Amazonas-Synode im Vatikan vom 06.-27.10.2019 gelesen werden.
Denn der Papst erwartet mutige Vorschläge von
Kräutler, die offensichtlich auch nicht vor bisherigen Tabus – wie die Weihe
verheirateter Männer zu Priestern – zurückschreckt. Da ist es kein Wunder, dass
die konservativen Kreise die Zielrichtung der Amazonas-Synode rundherum
verurteilen.
So beginnt das 1. Kapitel
im Horizont von Amazonien.
Die bedrohte Situation der indigenen Völker und
die an den Rand gedrängten Nachfahren der Sklaven aus Afrika stehen im Mittelpunkt.
Der Bau der Straße „Transamazônica“ raubte Tausenden von Menschen die
Lebensgrundlage durch die Zerstörung des Regenwaldes. Was hier Dramatisches weiterhin
geschieht, muss entscheidendes Thema der Weltkirche sein. Die genannten Impulse
 – so hebt Kräutler besonders hervor –
kommen aus einer Kirche der Laien!
Nach dieser Situationsbeschreibung geht es im 2. Kapitel darum, den Auftrag einer sich
erneuernden und erneuerten Kirche
– nicht nur für Lateinamerika – praktisch
in die Wege zu leiten. Die Kirche ist für den Menschen in ihrer Gesamtheit
verantwortlich, und das hat erhebliche ökologische Konsequenzen. Hier darf
nicht nur an Symptomen herumkuriert werden. Hier müssen energische Schritte
voran getan werden. Die Kirche muss das Gleichnis vom barmherzigen Samariter
leben und darum auch den politisch Verantwortlichen deutlich ins Gewissen reden.
Das 3. Kapitel befasst sich mit praktischen notwendigen Veränderungen der
Kirche
in einer sich rasant wandelnden Welt. Für die katholische Seite ist
immer noch die Spannung von Priestern und Laien in Bezug auf Leitungs- und
Weiheämter ein extrem kritischer Stolperstein. Angesichts des Priestermangels,
der in einigen Regionen der Weltkirche katastrophale Ausmaße angenommen hat,
ist dringend ein Umdenken nötig. Den Gemeinden den monatelangen Verzicht und
die gemeinsame Erfahrung der Eucharistie zuzumuten, wirkt beinahe zynisch.
Hinzu kommt die Säkularisierung in Europa und Amerika, wodurch die Mitgliederzahlen
der Kirchen bedenklich schmelzen. Kräutler fordert hier aus seinem Verständnis
des Evangeliums heraus Geschlechter-Gerechtigkeit nicht nur als Parole; und er unterstützt
kräftig den Vorstoß aus Österreich, die Priesterweihe für sog.
viri probati und ebenfalls das
Weihe-Diakonat für Frauen zu öffnen.
Überhaupt:
für einen protestantischen Rezensenten klingt manches durchaus ähnlich zu dem,
was die Reformation vor 450 Jahren bereits einforderte: das allgemeine
Priestertum der Gläubigen. Es ist nicht verwunderlich, dass extrem konservative
Kreise am liebsten die Amazonien-Synode blockieren wollen, denn: Die katholische
Kirche würde im Zusammenhang der Debatten um die Geschlechter-Gerechtigkeit immer
protestantischer …

Vgl.
dazu:

Wie anders klingt es dagegen, wenn Kräutler sein Buch mit
hoffnungsvollen Worten im Blick auf Papst Franziskus schließt. „Franziskus wird
die Kirche nicht von oben herab reformieren. Aber er will gemeinsam mit dem
Volk und den Bischöfen neue Wege beschreiten – allem massiven Widerstand
beharrender Kräfte im Vatikan und darüber hinaus zum Trotz. Franziskus ist ein
Glücksfall für eine Kirche, die die Zeichen der Zeit erkennen will.
>Erneuerung der Kirche jetzt< ist die dringende Einladung, unsere
Mitverantwortung an der Leitung der Kirche wahrzunehmen“ (S. 154).
Möge Dom Erwin Recht behalten!

Zusammenfassung: Zukunftsorientierung und Kirchenreform
jetzt !

Erwin Kräutler gehört zu den Bischöfen der katholischen
Weltkirche, die eine Erneuerung dringend einfordern. Seine Erfahrungen als
Bischof in Brasilien haben ihn zum engagierten Verfechter der indigenen
Bevölkerung und der Marginalisierten, die ihrer Rechte beraubt wurden. Auch
nach seiner Emeritierung setzt er sich der inzwischen 80jährige weiterhin
unermüdlich für die Erhaltung des Regenwalds und für die Rechte der indigenen
Völker im riesigen Amazonasgebiet ein. Die Gefährdung dieser „grünen Lunge“ der
Welt durch brutale wirtschaftliche und politische Interessen und sein
Widerstand haben ihm viele Feindschaften und die Gefährdung seines Lebens
eingebracht. Nun hofft er, dass durch Papst Franziskus und konkret durch die
Amazonien-Synode im Oktober 2019 die katholische Kirche schnellstens
Reformschritte in interkultureller Offenheit und für die Kirche des Volkes unternimmt
– trotz heftiger Widerstände konservativer Kreise. Die Veränderungen müssen
sich auf eine verstärkte Leitungsmitarbeit der Laien – mit Geschlechter-Gerechtigkeit
– etwa durch die Diakonatsweihe für Frauen und Änderungen im Verständnis der
Priesterweihe beziehen.
English
Summary: Orientation for the Future and Church Reform Now !

Erwin Kräutler is one of the bishops of
the Catholic World Church who urgently demand renewal. His experiences as
bishop in Brazil have made him a committed advocate of the indigenous
population and the marginalized who are deprived of their rights. Even after
his retirement, he continues to work unwearely for the preservation of the
rainforest and for the rights of the indigenous peoples in the vast Amazon
region. The threat to this ‚green lung‘ of the world is posed by brutal
economic and political interests, and his resistance has brought to him many
enmities and endangered his life. Now he hopes that through Pope Francis and
concretely through the Amazon Synod in October 2019 the Catholic Church will as
soon as possible undertake reform steps in intercultural openness and for the
Church of the People – despite fierce resistance of conservative circles. The
changes must refer to an intensified leadership cooperation of the laity – with
gender equality– for instance by the diaconal ordination for women and changes
in the understanding of the ordination of priests.
Résumé
français: Orientation pour l’avenir et la réforme de l’Église – maintenant !

Erwin Kräutler est l’un des évêques de
l’Église catholique mondiale qui demande d’urgence une réformation. Ses
expériences comme évêque au Brésil ont fait de lui un défenseur engagé de la
population autochtone et des personnes marginalisées, privées de leurs droits.
Même après sa retraite, il continue à travailler sans relâche pour la
préservation de la forêt tropicale et pour les droits des peuples autochtones
de la vaste région amazonienne. La menace que les intérêts économiques et
politiques brutaux provoquent contre ce „poumon vert“ du monde et sa
résistance ont abouti à ce qu’il se voit confronté des nombreuses inimitiés et ont
mis sa vie en danger. Il espère maintenant que, par l’intermédiaire du Pape
François et concrètement par le Synode de l’Amazonie en octobre 2019, l’Église
catholique entreprendra dès que possible des réformes pour l’’ouverture
interculturelle et pour l’Église du peuple – malgré la résistance farouche des
milieux conservateurs. Les changements doivent se référer à une coopération
intensifiée des laïcs en matière de leadership – avec l’égalité des sexes – par
exemple par l’ordination diaconale des femmes et des changements dans la
compréhension de l’ordination sacerdotale.
Resumen español
(castellano): Encarar el futuro. ¡ Reformar la Iglesia ya !

Erwin Kräutler es uno de los obispos de la Iglesia
Católica Mundial que exige urgentemente una renovación. Sus experiencias como
obispo en Brasil lo han convertido en un defensor comprometido de la población
indígena y de los marginados, de los privados de sus derechos en general. Ya
jubilado, sigue trabajando incansablemente en la vasta región amazónica por la
conservación de la selva tropical, y por los derechos de los pueblos indígenas.
La amenaza que significan contra este „pulmón verde“ del planeta los
brutales intereses económicos y políticos, le ha hecho ganar muchas
enemistades, y ha puesto su vida en peligro. Ahora espera que a través del Papa
Francisco y concretamente por medio del Sínodo de la Amazonía en octubre de
2019, la Iglesia Católica emprenda pasos de reforma en la apertura
intercultural y para la Iglesia del Pueblo y en verdad lo más pronto posible –
a pesar de la feroz resistencia de los círculos conservadores. Los cambios
deben referirse a una mayor cooperación de los laicos en el liderazgo –con
igualdad de género– por ejemplo a través de la ordenación diaconal también para
las mujeres, y cambios también en la comprensión del ministerio sacerdotal.



Traducción española de la reseña completa (via academia.edu): aquí >>>

Traducción:
José María Vigil, Ciudad de Panamá
Reinhard
Kirste
Rz-Kräutler-Erneuerung,
26.08.19 
CC

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