Spirituelle Gebetsorte und Räume der Stille >>>
I. Kirche (katholischer
und lutherischer Prägung)
Die Kult-Dramatik
eines Kirchenraumes entdecken:
-
St. Peter mit Friedhof,
Dortmund-Syburg (Foto: IRB)Um
den Ort in seiner Besonderheit zu erspüren, erfolgt eine Umkreisung
der Kirche, gleichzeitig
lässt sich dabei sehen, dass ursprünglich um die Kirche herum der
Kirchhof
(Friedhof) angelegt wurde, die Toten bleiben also dem Heiligen nahe. -
Das
Betreten der Kirche von der Rückseite (oder in vielen westfälischen
Kirchen von der Seite im hinteren Teil der Kirche) über eine
Schwelle,
die die Grenze markiert, weil hier der Weg vom „Außen“, dem Äußeren, zum „Inneren“ beginnt. -
Mit
dem Eintritt und dem Eintauchen der Finger in das Weihwasserbecken
(in der katholischen
Kirche) ist dies der unmittelbare Übergang vom Pro-Fanum
(dem Weltlichen) zum Fanum
(dem Heiligen). Hier erinnern sich die Betenden an ihre Taufe und reinigen
sich gleichzeitig symbolisch mit dem Zeichen des Kreuzes (vgl.
Waschung vor dem Moscheegebet). -
Das
Taufbecken
steht in vielen Kirchen dicht am Eingang.Romanisches Taufbecken,
Kirche St. Peter, Dortmund Syburg (Foto: IRB)Kanzel, Marktkirche Unser Lieben Frauen,
Halle/Saale (Foto: IRB)Oft gibt es eine gesonderte Taufkapelle, weil erst mit der Taufe der Heilsweg beginnt, und
früher erst das Kind durch die Taufe bewusst in die Kirche
aufgenommen wurde. -
Die
Stühle
und Bänke
laden zum Verweilen auf dem Heilsweg ein., in katholischen Kirchen ergänzt durch einen Kreuzweg mit 14 Stationen,
so dass die Gläubigen meditierend das Leiden Christi nachvollziehen
können. - Die Kanzel ist eine entscheidende Station auf dem Weg zum Heil, weil durch die
Predigt den Hörenden da Evangelium, die frohe Botschaft angesagt
wird.
-
In
den katholischen Kirchen befinden sich darüber hinaus Beichtstühle
an den Seiten, um vor der unmittelbaren Begegnung mit dem Heiligen
nach der Ermahnung durch die Predigt, die eigenen Sünden los zu
werden. -
Kölner Domfenster (wikipedia):
Lichtwirkung im
Domchor (seit 1340)Kirchenfenster
erzählen oft Ereignisse aus den biblischen Büchern oder den
Heiligen-Legenden. -
Das
Lesepult (Ambo)
am Altar macht deutlich, woher das Heil verkündigt wird, nämlich
aus der Mitte der Gottesgegenwart heraus, die im katholischen
Bereich das „Ewige
Licht“, eine rote
Leuchte in der Nähe des Altars, symbolisiert. -
Der
Altar
mit den Geräten für Brot und Wein macht deutlich, dass nun die
innige Verbindung mit Christus erlebt wird. Hier wird durch die
Einsetzungsworte zum Abendmahl die Verbindung mit Christus erlebt
(Eucharistie
/ Heiliges Abendmahl
oder auch Herrenmahl genannt). In katholischen Kirchen gibt es für
die Aufbewahrung der heiligen Geräte und des geweihten Brotes und
des Weines ein Tabernakel,
in alten Kirchen oft architektonisch als Sakramentshäuschen hervor- gehoben. Vom Altar aus lässt sich oft besonders gut auf die Orgel
blicken, die meist die Gesänge und bestimmte liturgische Stücke
begleitet und gewissermaßen die materialisierte Form des
Gotteslobes ist. -
Vom
Altar
aus wird der Segen gesprochen – und der Weg geht wieder in den
Alltag hinaus (d.h., das Pro-Fanum beginnt wieder).
Kanzelaltar in der Ev.-Luth. Kirche Hildesheim-Marienrode (Foto: IRB) |
Die
protestantische Variante
eines Kanzelaltars symbolisiert,
dass Wort und Sakrament unmittelbar zusammen gehören und das, was am
Altar geschieht, nur verstanden wird durch das Wort Gottes, das (von oben
kommt und darum von dort) gepredigt wird.
Ev.-reformierte Kirche Göttingen (wikipedia) |
der
Kult-Charakter des Gotteshauses zugunsten der Form eines
Schulhauses, eines Versammlungshauses für die Gemeinde (meist mit quadratischem Grundriss) geändert.
Lieder an, hört die Predigt und erinnert sich am Altar-Tisch an die
Gemeinschaft Jesus mit seinen Jüngern beim Passahmahl (Abendmahl).
Geheimnisse des Stephansdoms Wien (J. Hisch)
Bildergalerie: Ev.-Luth. Kirche Gersthofen (Franken)
II. Orthodoxe Kirche
Russisch-Orthodoxe Kirche Bad Ems (Foto: IRB) |
Beim
Betreten einer orthodoxen Kirche fällt sofort die Ikonostase
(Ikonenwand) auf, auch die Bemalung ist in vielen orthodoxen Kirchen
Deutschlands ausgesprochen üppig. Diese Malereien und Ikonen bilden
Christus, die Heiligen ab und stellen biblische Geschichten dar.
Dennoch lohnt auch hier der schrittweise Zugang auf die Ikonostase.
Verweilorte zur Besinnung könnten sein:
1. Vorhalle
(griechisch: Narthex )
Der
Narthex, der nach Westen, dem Sonnenuntergang, liegt symbolisiert die
Welt in ihrem gegenwärtigen Zustand. In der Zeit der frühen Kirche
war der Narthex der Ort, von dem aus die Taufbewerber (Katechumenen)
am Gottesdienst teilnahmen; denn da sie noch nicht getauft waren,
durften sie das Kirchenschiff, den Raum für die Gläubigen, noch
nicht betreten. Dies ist den oft außerhalb der Kirchen oder
unmittelbar am Eingang der Kirchen liegenden Taufkapellen ähnlich,
wie sie die römisch-katholische Tradition entwickelte. Durch
alttestamentliche Bilderszenen an den Wänden wurde den zu Taufenden
die Notwendigkeit der Taufe vor Augen geführt, die auch hier
vollzogen wurde.
Griechisch-Orth. Kirche Düsseldorf: Heiliger Apostel Andreas (wikipedia) Homepage mit Bildergalerie |
Christ-Erlöser-Kathedrale, Moskau (wikipedia: Russisch-Orthodoxe Kirche) |
2.
Kirchenschiff
Kirchenschiff versammeln sich die Gläubigen mit der ganzen Kirche:
mit Christus und allen Heiligen, die bildhaft in den Ikonen
gegenwärtig sind. Daher ist Christus in der Kuppel dargestellt, und
zwar als der Pantokrator der Allherrscher, der Allmächtige), also
zugleich als Schöpfer, Erlöser und kommender ‚Lichter.
Deshalb hat die Kuppel in der orthodoxen Kirche eine herausragende Bedeutung und die „Standardarchitektur“
ist die Kreuzkuppelkirche.
3.
Ikonenpult
Dieses
steht üblicherweise ziemlich in der Mitte des Raums. Die Ikone
stellt den Heiligen des betreffenden Tages bzw. des Festes dar. Die
Gläubigen bekreuzigen sich davor (von rechts nach links nach
orthodoxer Sitte) und küssen die Ikone, d.h. sie küssen nicht das
Bild, sondern sie verehren die damit hinter dem Bild durchschimmernde
göttliche Wirklichkeit. Dann zünden sie Kerzen an, um ihr Gebet
gewissermaßen „lichtvoll“ zu machen.
4.
Der Apostel-Leuchter
In
vielen Kirchen hängt ein großer Leuchter mit 12 Lichtern, die die
12 Jünger bzw. Apostel darstellen. Sie erleuchten gewissermaßen die
Gläubigen.
An
liturgisch nicht festgelegter Stelle findet man eine Ikone mit einer
Tafel oder einem Buch als Gedächtnis an die Toten, für die man
Kerzen entzündet. Damit wird verdeutlicht, dass die Gestorbenen und
die Lebenden eine einzige Gemeinde (im Himmel und auf der Erde)
bilden.
In
Deutschland haben sich inzwischen Bänke und Stühle für die
Gläubigen mehr oder minder durchgesetzt, während üblicherweise
(besonders in den „klassisch“ orthodoxen Ländern der
Gottesdienst aus Ehrerbietung vor Gott stehend mitgemacht wird.
5.
Lesepult für das Evangelium
Verschieden
gestaltet sein kann der Platz, von dem aus das Evangelium verlesen
wird, der Ambo. Manchmal hat er die Form einer Kanzel. Im
Kirchenschiff vieler orthodoxer Kirchen findet man einen
besonders schön gestalteten Sitz, der auch »Thron« genannt
wird; dieser ist für den Bischof reserviert. In anderen Kirchen
befindet sich dieser Sitz (griech.: Kathedra) auch im Altarraum.
Dieser Stuhl ist mit einer Christus-Ikone geschmückt; sie soll
zeigen, dass Christus der eigentliche Leiter des Gottesdienstes ist;
der Bischof handelt im Gottesdienst in seinem Auftrag.
Griech.-Orth.- Kirche Dortmund: Ikonostase (Foto: IRB) |
6.
Ikonostase
Kirchenschiff
und Altarraum sind durch die Ikonostase getrennt.
Sie trennt auch das
Diesseits
des Kirchenraumes vom Jenseits
der göttlichen
Wirklichkeit.
Schema
der Bildordnungen:
oben befindet sich ein Kreuz
als Abschluss-Symbol des Lebens
Oberste
Reihe der Bilder: In der Mitte
Christus als Pantokrator ( = Herrscher des Alls = der über allem
herrscht). Neben ihm Maria, die Gottesgebärerin und und Johannes dem
Täufer sowie weitere Heilige, Propheten und Urväter des Alten
Testaments.
Reihe
darunter: Ikonen, die die
wichtigsten Feste des Kirchenjahres verdeutlichen, also gleichzeitig
die wichtigsten Ereignisse der Heilsgeschichte Jesu Christi von
seiner Geburt Christi, bis zur Auferstehung.
7.
Die Türen als Durchlässe in der Ikonostase
in
der Ikonostase befinden sich drei Türen.
Königstür oder Heilige Tür genannt. Auf ihr sind die Verkündigung
des Erzengels Gabriel an die Gottesgebärerin Maria dargestellt sowie
die vier Evangelisten. Es können auch Patriarchen der Alten Kirche
(Kirchenväter) sein, die die „Göttliche Liturgie“ und weitere
Gestaltungselemente der orthodoxen Liturgie entwickelt haben. Auf
oder unmittelbar neben den Seitentüren sind Engel oder heilige
Diakone dargestellt.
neben der Königstür ist Christus als Kind (als der gekommene
Erlöser) auf dem Arm seiner Mutter Maria dargestellt, rechts als der
am Ende der Tage wiederkehrende Erlöser und Richter. Daneben finden
sich noch Ikonen von der jeweiligen Gemeinde besonders verehrten
Heiligen.
Altar in orthodoxen Kirchen (wikipedia) |
8. Altarraum
hinter der Ikonostase
befindet sich der aufgrund der Höhe der Ikonostase zuweilen kaum
einsehbare Altarraum (das Allerheiligste). Auf dem Altartisch liegt das Evangelienbuch,
ein Kreuz für die Segnung der Gläubigen und ein Tuch mit der
Darstellung der Grablegung Christi. Manchmal ist in das Altartuch
auch eine Reliquie eingenäht. Hinzu kommen Kerzenleuchter und das
ewige Licht im Tabernakel. Gesondert daneben steht ein Tisch, auf dem
die Eucharistie, das Abendmahl (Brot und Wein) vorbereitete werden,
auf der rechten Seite liturgische Gewänder (je nach
Kirchenjahreszeit) und zusätzliche Abendmahlsgeräte. Auf der
Rückseite des Altarrraums befindet sich: Sitz für Priester oder
Bischof
Weitere
Erläuterungen zur Ikonostase:
http://orthpedia.de/index.php/Ikonost
>>> Orthodoxe Kirchen in Deutschland (wikipedia) >>>
II. Moschee
Der Gedanke des
Schul- und Lehrhauses dominiert auch hier. Die Moscheekuppel (aus der
römischen Architektur übernommen) symbolisiert in den Moscheen
türkischer Tradition den Himmel, oft noch verstärkt durch einen
Leuchter als Zeichen der göttlichen Erleuchtung für die Menschen.
Zur inneren und
äußeren Reinigung ist vor dem Gebet die Waschung
verpflichtend
(und zwar in besonderer Reihenfolge).
Merkez-Moschee, Duisburg Marxloh (Foto: IRB) |
(Gebetsrufer) zum Gebet eingeladen hat, in den islamisch geprägten
Ländern als Lautsprecherstimme vom Minarett
(= Ort des Lichts –
Moscheeturm, an großen Moscheen mehrere Minarette), betreten die
Betenden ohne Schuhe die Moschee, das Gebetshaus, das gleichzeitig er
Versammlungsraum gesehen wird. Sie ist mit Teppichen
belegt, die dem Betenden die Reinheit des Hauses deutlich macht und
ihn oft in der Ausrichtung der Teppichmuster gleich nach Mekka weist
(Kibla = Gebetsrichtung
nach Mekka).
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Mihrab, DITIB-Moschee Iserlohn (Foto: IRB) |
An der Stirnwand
befindet sich der Mihrab,
die oft sehr schön mit Fliesen, Marmor oder Mosaiken geschmückte
Gebetsnische in Richtung Mekka mit dem Wort „Allah“(Gott) zur
Rechten und „Mohammed“ zur Linken (es wird von Rechts nach Links
gedacht, so wie man arabisch schreibt.), in der Mitte oft eine
Koransure im Sinne der Gebetseinladung.
Fatimid Minbar in der Ibrahimi Mosque in Hebron — Minbar – wikipedia.en — |
– etwas erhöht –
für die (tägliche)
Koranauslegung und kleine Lesepulte dienen dazu, um den Koran oder
einen Koran-Kommentar zur Lektüre darauf abzulegen.
Minbar ( =
Kanzel) ist der Ort für die Freitagspredigt des Vorbeters, der
symbolisch schon einige Schritte „nach oben“ gegangen ist, auf
die 7. von 13 Stufen. Damit wird die Autorität der Predigt sichtbar,
der Imam (Vorbeter) wird zum Verkündiger der göttlichen Botschaft.
Eine Uhr
befindet sich praktisch in jeder Moschee, um die Gebetszeiten nach
dem Sonnenstand exakt einhalten zu können. Wenig Schmuck, keine
figürlichen Elemente, nur Ornamentik, vielleicht noch Tafeln mit den
Namen der vier Kalifen und den beiden Söhnen Alis sind zu sehen.
Anregungen – Lernort:
>>> Schwetzingen – Schlosspark und Moschee >>>
III. Synagoge
Ehem. Synagoge Hagen-Hohenlimburg mit Bildergalerie (Foto: IRB) |
Auch die Synagoge hat
mehrere Funktionen: Der Sabbatgottesdienst spielt zwar eine zentrale
Rolle, aber die Synagoge ist auch „Schulhaus“, d.h. Studienplatz
für die Tora (die
Weisungen Gottes) und natürlich Versammlungsort der Gemeinde.
Bima und Toraschrein der Hornburger Synagoge im
|
Toraschrein (Toranische)
ist der Ort für die „Heilige Lade“, das heißt in der gewöhnlich
mit einem Vorhang bedeckten Nische stehen die Torarollen, die man nur
zur Lesung und beim feierlichen Umhertragen sehen soll. Über dem
Toraschrein sind die Tafeln der 10 Gebote als Symbolik der Weisung
Gottes und als ständige Mahnung für die Betenden deutlich sichtbar
angebracht.
In der Nähe des
Schreins befindet sich auch das Toralicht
als Zeichen der immer währenden Gegenwart Gottes (auf Grund von 3.
Mose 24,2-3; vgl. Ewiges
Licht in der katholischen
Kirche)
Die Verlesung der
Tora erfolgt auf einer Erhöhung, einer freistehenden Kanzel oder
Bühne, die als Almemor
bezeichnet wird (an das arabische Wort für Kanzel = al minbar
anklingend). Dazu wird jeweils eine Torarolle feierlich aus dem
Toraschrein geholt und auf den Tisch (Bima
= Erhöhung) des Almemor gelegt. Der Almemor steht immer im Zentrum
der Synagoge.
Menora = der
siebenarmige Leuchter: Sie
erinnert an den Leuchter im Tempel zu Jerusalem, der im Jahre 70. n.
Chr. nach der Eroberung Jerusalems nach Rom verschleppt wurde.
Gleichzeitig gilt die 7 als Zahl der Vollendung.
Rekonstruktion der Menora des Tempels in Jerusalem, hergestellt vom Temple Institute (wikipedia.en: Menorah). |
Der in der Wand oder
im Fenster angebrachte Davidsstern
ist erst im Mittelalter zum jüdischen Symbol geworden.
In den orthodoxen
Synagogen sitzen Männer und Frauen getrennt, deshalb ist für die
Frauen in der Regel eine Empore vorgesehen (Frauenempore).
Eine Orgel
ist nicht üblich und findet sich darum nur in Synagogen des
liberalen Judentums.
für den Unterricht:
>>> Gedenkorte und Zeugen jüdischen Lebens
in Iserlohn und Umgebung >>>
>>> Orte jüdischen Lebens
(besonders deutscher Sprachraum) >>>
Gebet
der Vereinten Nationen
Gott,
unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im großen Weltall.
uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen,
dessen
Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden,
nicht
von Hunger und Furcht gequält,
nicht
zerrissen in sinnlose Trennung nach Rasse, Hautfarbe und
Weltanschauung.
Gib
uns Mut und die Voraussicht,
schon
heute mit diesem Werk zu beginnen,
damit
unsere Kinder und Kindeskinder einst ohne Scham
den Namen Mensch
tragen können. Amen
Reinhard Kirste
relpäd/Spiritueller
Raum-bearb., 28.11.05, bearb. Februar 2025