Der Jenaer Theologieprofessor Klaus-Peter Hertzsch (1930 – 2015) hat mit seinen biblischen Balladen einen heiteren und zugleich tiefgründigen Zugang zu biblischen Texten ermöglicht. Sie sind in einem kleinen Büchlein versammelt, das bereits 1967 auf den Markt kam (Union Verlag Berlin, DDR) kam und seitdem immer wieder neu aufgelegt wird:
Der ganze Fisch war voll Gesang.
Biblische Balladen zum Vorlesen.
Stuttgart: Radius 1969 u.ö., 80 S., Abb.
- Bileam und seine Eselin (4. Mose 22 – 24)
- Der Prophet Elia und der König Ahab
(1. Könige 18 – 19) - Die Geschichte von Micha Ben Jimla und zwei verschwägerten Königen (1. Könige 22)
- Der Prophet Daniel in der Löwengrube (Daniel 5 – 6)
- Besonders bekannt geworden ist seine
Ballade über den Propheten Jona:
Hier ein paar Kostproben:
1. Ninive
Wie schön war aus der Fern und Näh,
wie schön war die Stadt Ninive!
Sie hatte Mauern, stark und dick.
Die Wächter machten Blasmusik.
Ein Stadttor war aus blauen Ziegeln,
mit schwerer Tür und goldenen Riegeln,
davor zwei bärtige Soldaten
von einem Bein aufs andre traten …
und sah auf die Stadt Ninive.
langsam von einem Land zum andern,
sah einen Mann, der Jona hieß.
auf schnellstem Weg nach Ninive!
weil es dort leider übel steht.
sonst ist die schöne Stadt erledigt!“
und sagte zu sich: „Nichts wie weg!
Ich mach mich fort. Ich reiße aus.“
Erst lief er nur. Dann rannte er.
er sah sich um. Es ward ihm bang.
als liefe einer hinter ihm her.
sah lächelnd zu, wie Jona rannte.
am weiten blauen Meere an.
Da fuhrn die Fischer aus zum Fang.
erzählen sich von fremden Ländern.
Noch sangen die Matrosenfrauen.
da war er wieder gut gelaunt.
„Wohin soll denn die Reise gehen?“
„weit weg von hier, weit übers Meer“.
Hört zu: Ich bin kein starker Esser,
und zahle gut. Laßt mich an Deck!“
Und bald darauf, da fuhrn sie fort.
es wurde kleiner und verschwand.
Ich gehe nicht nach Ninive!“
Ich flieh – und doch kommt Gott mir näher.
Hat mich nach Ninive gesandt.
und werd nun wohl ertrinken müssen“.
es noch mit Rudern und mit Stoßen.
und schon das Schiff zu sinken anfing,
und warfen ihn hinaus ins Meer …
nur blaues Meer, soweit man sah,
Doch bis nach Hause – nie und nimmer!
Es kam ein großer Fisch gezogen.
den nassen Jona heimzuholen.
Das sperrt‘ er auf und sagte: „Hier!“
Der rutschte in den Bauch hinein.
denn nass war er ja sowieso.
ein schönes Lied sich ausgedacht.
Er lobte damit Gott den Herrn.
das Echo sang noch mal dasselbe.
der ganze Fisch war voll Gesang …
5. Das gute Ende nach dem verdorrten Rizinus
Jona – Da weinte er. Da sagte er:
„Ach, wär ich tot! Ich kann nicht mehr.“
Gott sprach zu ihm ein gutes Wort:
„Jetzt weinst du, weil dein Baum verdorrt,
den du nicht wachsen lassen kannst
und den du nicht mal selbst gepflanzt.
Da sollte ich nicht traurig werden,
wenn meine Kinder dort auf Erden
verderben und zugrunde gehn
weil sie mein Wort nicht gut verstehn?
Da sollte ich die Stadt nicht schonen,
in der so viele Menschen wohnen …“
Vom Reden über biblische Geschichten. Festschrift für Klaus-Peter Hertzsch zum
80. Geburtstag.
Radius 2010, 217 S. — ISBN
978-3-87173-908-8 —