Europa vor der neuen Völkerwanderung – Äthiopien, Somalia und ein Marshallplan mit Afrika (mit dem Desertec-Projekt) — aktualisiert



Wer Europa bewahren will, muss Afrika retten
Afrikas Perspektiven:
Gespräch mit Prinz Asfa-Wossen Asserate

an der Universität Bonn am 07.12.2018 


Hoheitlicher Besuch zu Themen der Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit:
„Die neue Völkerwanderung” ist global-aktuell und Prinz Dr. Asfa-Wossen Asserate wird im Vortrag am 
dies academicus einen Einblick in seine Analyse gewähren,
dass Europas Bew
ahrung in der Rettung Afrikas liegt.

In der anschließenden Podiumsdiskussion verbinden Prinz Dr. Asfa-Wossen Asserate, Prof. Dr. Jakob Rhyner und Prof. Dr. Klaus Ferdinand Gärditz als Spezialisten ihrer Fachgebiete die Themen Flüchtlingsbewegungen, Afrika, Landwirtschaft und Rechtswissenschaft,
moderiert von Jakob Zumbé.
 
 
(aus der Programmankündigung)                           
Die neue Völkerwanderung.
Wer Europa bewahren will, muss Afrika retten. 
Propyläen Verlag, Berlin 2016. 219 S.


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                                   Berichte von Prof. Dr. Eckhard Freyer, Bonn 
Berlin: Propyläen-Verlag 2014, 416 S.
Rezensionsnotiz bei Perlentaucher: hier

Asfa-Wossen
Asserate1,
1948 in Addis Abeba
als Großneffe des Kaisers
Haile Selassie
geboren,
ließ sich nach der äthiopischen Revolution
von 1974 in
Deutschland nieder,
studierte in Tübingen und Cambridge2,

war als Pressechef der Messe
in Frankfurt tätig und ist
heute Unternehmensberater.
Er
befasst sich mit Afrikas schwieriger
Zukunft
und
meint,
d
ie
Afrikaner
müssten schon ihr Schicksal
selbst in die Hand nehmen.
Nur so könnte
es seine politische,
wirtschaftliche, soziale
und kulturelle Misere
überwinden:
Das betrifft die defizitäre Staatlichkeit,

und die wirtschaftliche Ungleichheit

zwischen einer kleinen Elite
und der großen Masse der Bevölkerung.
Hinzu kommen soziale Auflösungstendenzen überlieferter
sozialer Bindungen. So entsteht eine
kulturelle Perspektivlosigkeit
der aus diesen Bindungen
herausgerissenen
Menschen. Dies sieht man in den Elendsvierteln der wuchernden Städte, aber auch in den riesigen Lagern binnen-afrikanischer Flüchtlinge.

Die
aktuelle Flüchtlingskrise ist vor allem den Ereignissen im Nahen
Osten geschuldet. Dabei gerät eine langfristig viel bedrohlichere
Entwicklung aus dem Blick: die Völkerwanderung zehntausender
Afrikaner nach Europa3.
Prinz Asfa-Wossen Asserate, einer der besten Kenner des afrikanischen
Kontinents, beschreibt die Ursachen dieser Massenflucht und
appelliert an die europäischen Staaten, ihre Afrikapolitik
grundlegend zu ändern. Andernfalls werden es bald nicht Tausende,
sondern Millionen von Flüchtlingen sein.  Dies würde die größte
Herausforderung Europas im 21. Jahrhundert sein und in einer Katastrophe enden
– für Afrika und Europa.

Durch
westliche Handelsbarrieren und Agrarprotektionen verliert Afrika
jährlich das Doppelte dessen, was es an Entwicklungshilfe erhält.
Zudem werden Gewaltherrscher hofiert. Gerade diejenigen, die der
Kontinent für seine Entwicklung dringend braucht, kehren ihrer
Heimat den Rücken und verschlimmern so die Situation vor Ort.
Europa, so Asserate, muss Afrika als Partner behandeln und gezielt
diejenigen Staaten unterstützen, die demokratische Strukturen
aufbauen und in ihre Jugend investieren. Nur so kann es gelingen, den
fluchtbereiten Afrikanern eine menschenwürdige Zukunft auf ihrem
Kontinent zu ermöglichen.

Bei
enormen Reichtum an weltweit nachgefragten Bodenschätzen wie zum
Beispiel Rohöl, Gold, Diamanten und Uran. Außerdem flossen
 in
den vergangenen 60 Jahren rund 2000 Milliarden US-Dollar als
„Entwicklungshilfe“ nach Afrika:
oft
in die falschen Taschen. Faktoren für diese
Fehl-Entwicklung
füllen
ganze Lesesäle von gelehrten und nicht so gelehrten Studien über
die Probleme Afrikas4: Es sind Nachwirkungen der Wunden, die der Kolonialismus dem Kontinent
beigebracht hat. Die
 Machenschaften der postkolonialen afrikanischen Herrschaftseliten  führten häufig zu Diktatur und Gewaltherrschaft. Sie  -verbanden und verbinden sich mit dem Neokolonialismus mächtiger Konzerne, die den afrikanischen
Reichtum für eigene Zwecke ausbeuten. Korruption in Politik und
Wirtschaft nimmt in Afrika im weltweiten Vergleich einen
Spitzenplatz ei
n.

A
sferate
ist mit den afrikanischen Verhältnissen bestens vertraut
und
zeigt, dass

es eigentlich nicht um Kennziffern geht, sondern um
Menschenschicksale.
Etliche
afrikanische Staaten
weisen
in
den vergangenen Jahren beachtliche Wachstumsraten ihrer Wirtschaft
auf, was in der Hauptsache an dem Boom auf dem Energiesektor und den
Weltmarktpreisen für Rohstoffe und seltene Bodenschätze liegt. Dieses Wachstum 
kommt aber nicht allen
zugute,
denn
der Basis-Sektor – die Landwirtschaft – leidet seit Jahren unter
wiederkehrenden Problemen mit dem Klima (Dürre), auch durch die Agrarexport-Subventionen von Ländern auf anderen Kontinenten. Ausländischer Agrarkonzerne investieren dazu noch in riesige
Monokultur-Plantagen (landgrabbing).


Asserate
sieht sein Heimatland Äthiopien
als

„Wachstumsstar“ Afrikas. Die Hauptstadt Addis Abeba ist h
eute
eine moderne Riesenmetropole mit sieben Millionen Einwohnern:  geschäftig, konsumorientiert, reich und teuer.
Doch
am
Stadtrand wachsen die Armutsviertel, und tiefer im Lande herrscht
weiter die Armut. Die letzte Hungersnot in Äthiopien war 2015/16.

Der Demographie Afrikas ist von rasantem Bevölkerungswachstum geprägt:
1970 lebten 25 Millionen Menschen in Äthiopien,
2018
viermal so viele5 – 
und
w
ie sollen diese alle
ernährt werden?

Es ist ein Alptraum, schreibt Asserate, dass sich Millionen von Afrikanern, getrieben von
Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, auf den Weg nach Europa machen. Sein Buch „Die neue Völkerwanderung“ trägt nicht umsonst den Untertitel
: „Wer Europa bewahren will,
muss Afrika retten !“. Während Europa bereits wegen rund einer
Million Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien
usw.
zu
zerbrechen droht, übersehen die Europäer
die
noch
viel größere Gefahr für die Werte von Freiheit und Demokratie, nämlich den potentiellen Zustrom von Millionen Afrikanern, ein
Dutzend Kilometer entfernt an der
 engsten Stelle des Mittelmeers. Dass Europa alle seine Küsten
abriegeln könnte
(wie
es derzeit die europäische Grenzschutzagentur Frontex6
versucht
),
erscheint nicht nur extrem schwierig angesichts der Konfliktpotentiale rund um das Mittelmeer.
Asserate meint nämlich , dass auf Europa bald eine große Welle von Flüchtlingen in der Dimension einer „neuen Völkerwanderung“ zurollt. Denn die korrupten Regime vieler afrikanischer Länder, dazu von Bürger- und Religionskriegen zerrissenen, können den dort lebenden Menschen weder politische noch wirtschaftliche Aussichten auf eine lebenswerte Zukunft bieten. Also: nur eigene Anstrengungen können Afrika wirklich retten.

Problembereiche und Beispiele

1. Der Bürgerkrieg in Äthiopien (1974-1991)
    und die Konflikte mit Somalia


Von 1974 bis 1991 dauerte der äthiopische Bürgerkrieg,
in dem Rebellen- und Befreiungsbewegungen gegen die
kommunistische Zentralregierung kämpften. Als daneben in
Somalia Siad Barre
in einem unblutigen Staatsstreich 1969 die Macht übernommen hatte, verfolgte er
langfristig das Ziel unter kommunistisch-sozialistischer Orientierung auch
die in Äthiopien und Kenia von Somalis bewohnten Gebiete in
ein Groß-Somalia zu vereinen. Da aber die Sowjetunion das Regime in Äthiopien unterstützte, führte 
das 1977 zum Bruch mit der Sowjetunion.
Dieser Krieg endete am 15.
März 1987 mit einer Niederlage und dem Rückzug der Somalischen Nationalen Allianz (SNA) nach
Somalia. Danach entschied Siad Barre recht schnell, sich dem Westen zuzuwenden, doch
seine sozialistische Diktatur bestand bis zu seiner Flucht aus
Somalia am 26. Januar 1991. Clans und Milizen kämpften weiter um Machteinfluss im bis heute
andauernden Somalischen Bürgerkrieg. Äthiopien hatte Ende 2006 in
Somalia militärisch eingegriffen. Die offizielle Begründung
lautete: die Islamisten seien auf dem Vormarsch, das eigene Land sei
in Gefahr! Äthiopiens Invasion wurde von den USA unterstützt: ideologisch, finanziell und personell. Die „Union der Islamischen Gerichte“ gegen die Miliz
 „Al Shabaab“ entwickelte sich zu einem Krieg zwischen dem
radikalen und dem gemäßigten Flügel der islamistischen Bewegung. Das sind Anzeiger für den gescheiterten Staat Somalia. 
Denn mit dem Krieg
lässt sich Geld verdienen, lassen sich Gewinne machen! Der Krieg
wird auf diese Weise zu einer Form der Erwerbsarbeit7.
Wenn aber der Krieg gleichsam zur Erwerbsarbeit geworden ist, dann
gibt es eigentlich keinen Grund, den Krieg zu beenden. Eines der
wichtigsten Probleme in Afrika ist die hohe Arbeitslosigkeit. In den
Flüchtlingscamps rund um die Hauptstadt Mogadischu mangelt es den 2
Millionen Vertriebenen an allem.

2. Ein Marshallplan mit Afrika ?
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat darum seine Zusammenarbeit mit den Staaten Afrikas neu ausgerichtet. Der vom BMZ initiierte ​Marshallplan mit Afrika ​hat der Zusammenarbeit mit dem Kontinent in den vergangenen Monaten bereits viele neue und wichtige Impulse gegeben. Auf seiner Basis kann nun eine Partnerschaft zwischen Afrika und Europa entstehen, die weit über eine klassische, projektbezogene Entwicklungszusammenarbeit hinausgeht​.
Die Eckpunkte für diesen Marshallplan mit Afrika hatte das Ministerium Anfang des Jahres im Rahmen eines Online-Dialogs mit Wirtschaft, Wissenschaft, Kirchen, Gesellschaft und Politik zur Diskussion gestellt. Dabei entstand eine Fülle von Anregungen und Ideen für die neue Dimension der Zusammenarbeit.
Ziel des BMZ ist, die eigenen Entwicklungskräfte der afrikanischen Staaten zu stärken​, denn nachhaltige Entwicklung ist nur möglich, wenn sie von innen heraus angestoßen und getragen wird. Dazu müssen die Regierungen Reformen in die Wege leiten und ihrer Verantwortung gegenüber ihren Bürgerinnen und Bürgern nachkommen. Es geht darum, Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass private und öffentliche Investitionen auf einen fruchtbaren Boden fallen können.
Zu diesen Rahmenbedingungen gehören zum Beispiel die Achtung der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit aber auch Bildung und wirtschaftliche Stabilität. Diese Ziele haben sich die afrikanischen Staaten in der Agenda 2063 der Afrikanischen Union selbst gesteckt​. Es gilt nun, sie bei der Anwendung ihrer innovativen Strategien zu unterstützen.


Der „Marshallplan mit Afrika“ist eine politische
Initiative des BMZ 2016 mit den „Säulen“ 
1. Wirtschaft, Handel und
Beschäftigung; 
2. Frieden, Sicherheit und Stabilität und 
3.
Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte. 



10 Thesen für einen Marshallplan für Afrika
  • Wir brau­chen jetzt ei­nen neu­en Zu­kunfts­ver­trag mit Afri­ka – Bis zum Jahr 2050 wird sich die Be­völ­ke­rung Afri­kas auf dann 20 Pro­zent der Weltbevöl­kerung ver­dop­peln. Die Si­cher­stel­lung der Er­näh­rung, der Zu­gang zu En­er­gie, Ressourcen­schutz und Ar­beits­plät­ze für Hun­der­te von Mil­lio­nen jun­ger Afri­ka­ner sind ge­wal­ti­ge Her­aus­for­de­run­gen, aber auch Chan­cen. Ge­ra­de die eu­ro­päi­schen Staa­ten kön­nen mit Wis­sen, In­no­va­ti­on, mo­der­ner Tech­nik und di­rek­ter Teil­ha­be zur Be­wäl­ti­gung der ge­wal­ti­gen Her­aus­for­de­run­gen bei­tra­gen.
  • Afri­ka braucht afri­ka­ni­sche Lö­sun­gen – Die Staa­ten Afri­kas ha­ben mit der Grün­dung der Afri­ka­ni­schen Uni­on (AU) und der neu­en Part­ner­schaft für die Ent­wick­lung Afri­kas (NE­PAD) er­mu­ti­gen­de Zei­chen für ei­nen Neu­an­fang ge­setzt. Mit der Agen­da 2063 der AU be­schrei­ben Re­form­po­li­ti­ker den ei­ge­nen Weg Afri­kas. Deutsch­land und Eu­ro­pa müs­sen die afri­ka­ni­schen Staa­ten beim Wort neh­men und die Zu­sam­men­ar­beit in ei­ner neu­en Di­men­si­on und Qua­li­tät ge­stal­ten. Die jahr­zehn­te­lan­ge Geber­-Nehmer-­Mentalität gilt es ab­zu­lö­sen – durch ei­ne part­ner­schaft­li­che und wirt­schaft­li­che Ko­ope­ra­ti­on, die auf Ei­gen­in­itia­ti­ve und Ei­gen­ver­ant­wor­tung setzt. Afri­ka ist da­bei Eu­ro­pas Part­ner – nicht nur in Fra­gen der wirt­schaft­li­chen Zu­sam­men­ar­beit und Ent­wick­lungs­po­li­tik, son­dern auch in zen­tralen Fra­gen der Ge­stal­tung ei­ner zu­künf­ti­gen Handels-­, Finanz-­, Umwelt-­, Agrar­-, Wirt­schafts­-, Außen-­ und Si­cher­heits­po­li­tik.
  • Vor­fahrt für Jobs und Chan­cen für die Ju­gend – Afri­kas Ju­gend muss ei­ne Zu­kunft in Afri­ka ha­ben. Das Durch­schnitts­al­ter auf dem Kon­ti­nent be­trägt 18 Jah­re. Bald wer­den mehr als 2 Mil­li­ar­den Men­schen dort le­ben. Da­für wer­den je­des Jahr 20 Mil­lio­nen neue Jobs be­nö­tigt – in Städ­ten und in länd­li­chen Ge­bie­ten. Die Ent­wick­lung wirt­schaft­li­cher Struk­tu­ren und die Schaf­fung neu­er Arbeits­ und Aus­bil­dungs­plät­ze ist die zen­tra­le Heraus­forderung. Afri­kas Ju­gend braucht zu­gleich ei­nen Aus­tausch mit Eu­ro­pa. Eu­ro­pa braucht ein Kon­zept, das le­ga­le We­ge der Mi­gra­ti­on er­mög­licht und ir­re­gu­lä­re Mi­gra­ti­on und Schleuser­tum be­kämpft.
  • In­ves­ti­tio­nen für un­ter­neh­me­ri­sche Ent­fal­tung – Jobs schafft auf Dau­er und im er­for­der­li­chen Um­fang nicht der Staat, son­dern die pri­va­te Wirt­schaft. Des­halb braucht Afri­ka we­ni­ger Sub­ven­tio­nen und mehr pri­va­te In­ves­ti­tio­nen. Da­für müs­sen för­derliche Rah­men­be­din­gun­gen vor Ort, aber auch neue In­stru­men­te zur Mo­bi­li­sie­rung und Si­che­rung von In­ves­ti­tio­nen ge­schaf­fen wer­den.
    Er­gänzt wer­den sie durch Vor­schlä­ge für Steu­er­an­rei­ze für Un­ter­neh­men, neue An­la­ge­for­men wie bei­spiels­wei­se Afrika­fonds und In­fra­struk­tur­an­lei­hen.
  • Wert­schöp­fung statt Aus­beu­tung – Afri­ka muss mehr sein, als der Kon­ti­nent der Roh­stof­fe. Mo­tor des Mar­shall­plans ist ei­ne neue Wirt­schafts­po­li­tik, de­ren Schwer­punk­te die Di­ver­si­fi­zie­rung der Wirt­schaft, der Auf­bau von Pro­duk­ti­ons­ket­ten, die ge­ziel­te För­de­rung von Land­wirt­schaft so­wie klei­nen und mitt­le­ren Un­ter­neh­men, die Auf­wer­tung des Hand­werks und da­mit die Schaf­fung ei­nes neu­en Mit­tel­stands sind. Eu­ro­pa muss dies mit ei­ner Stär­kung des Zu­gangs zum EU-­Binnenmarkt und dem Ab­bau be­stehen­der Handelshemm­nisse un­ter­stüt­zen.
  • Po­li­ti­sche Rah­men­be­din­gun­gen för­dern und for­dern – Rechts­staat­lich­keit, po­li­ti­sche Teil­ha­be von Män­nern und Frau­en so­wie ei­ne ef­fi­zi­en­te Ver­wal­tung frei von Kor­ruption sind Grund­la­ge für ei­ne nach­hal­ti­ge wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung. Nicht nur die Eli­ten ei­nes Lan­des sol­len vom wirt­schaft­li­chen Auf­schwung pro­fi­tie­ren, son­dern al­le. Dies gilt es zu för­dern und täg­lich ein­zu­for­dern.
  • Re­form­part­ner­schaf­ten statt Gie­ß­kan­nen­prin­zip – Mit der Agen­da 2063 ha­ben sich die Mit­glie­der der Afri­ka­ni­schen Uni­on zu kon­kre­ten Re­for­men be­kannt. Wir neh­men Afri­ka beim Wort und wer­den die Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit in Zu­kunft be­son­ders mit den Part­nern in­ten­si­vie­ren, die die­se Re­for­men für gu­te Re­gie­rungs­füh­rung, den Schutz der Men­schen­rech­te und wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung um­set­zen.
  • Ein ge­rech­ter glo­ba­ler Ord­nungs­rah­men – Re­for­men in Afri­ka müs­sen durch Re­for­men in Eu­ro­pa und auf glo­ba­ler Ebe­ne er­gänzt wer­den: Da­zu zäh­len ins­be­son­de­re ein ge­rech­ter Han­del, der Kampf ge­gen il­le­ga­le Fi­nanz­strö­me und der Stopp von Waffenlie­ferungen in Kri­sen­ge­bie­te. Neue For­men der po­li­ti­schen Ko­ope­ra­ti­on er­for­dern auch ei­ne Stär­kung der Zu­sam­men­ar­beit eu­ro­päi­scher und afri­ka­ni­scher In­sti­tu­tio­nen: ein stän­di­ger Sitz der afri­ka­ni­schen Staa­ten im Si­cher­heits­rat der Ver­ein­ten Na­tio­nen so­wie ei­ne Aufwer­tung in al­len in­ter­na­tio­na­len Or­ga­ni­sa­tio­nen und Ver­hand­lun­gen wie zum Bei­spiel bei der Welt­han­dels­or­ga­ni­sa­ti­on (WTO).
  • Staat­li­che Ent­wick­lungs­gel­der (ODA) al­lei­ne sind nicht die Lö­sung – Mit öf­fent­li­cher Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit ist sehr viel er­reicht wor­den. Für die Bewälti­gung von Her­aus­for­de­run­gen ei­ner neu­en Di­men­si­on reicht dies nicht aus. Statt­des­sen sol­len die­se Mit­tel zu­künf­tig stär­ker An­trei­ber und För­de­rer pri­va­ter In­ves­ti­tio­nen sein. Die afrikani­schen Staa­ten müs­sen dar­über hin­aus deut­lich mehr Ei­gen­mit­tel – zum Bei­spiel ein hö­he­res Steu­er­auf­kom­men – mo­bi­li­sie­ren.
  • Wir las­sen nie­man­den zu­rück – Deutsch­land steht zu sei­ner Mit­ver­ant­wor­tung ge­gen­über den am we­nigs­ten ent­wi­ckel­ten Län­dern. Der Mar­shall­plan be­hält die Grund­bedürfnisse der Men­schen im Blick: Er­näh­rungs­si­che­rung, Was­ser, En­er­gie, In­fra­struk­tur, Di­gi­ta­li­sie­rung, Ge­sund­heits­ver­sor­gung und Zu­gang zu Bil­dung – ins­be­son­de­re für Frau­en und Mäd­chen. Die Chan­cen und Her­aus­for­de­run­gen der Ver­städ­te­rung müs­sen eben­so be­rück­sich­tigt wer­den, wie das He­ben der Po­ten­tia­le der länd­li­chen Ent­wick­lung und der Land­wirt­schaft.
  • Mehr zum Marshallplan mit Afrika: hier




     
    3. Desertec – Solarstrom aus der Wüste

    Ein umfassendes Planungsprojekt bildet Desertec. Besonders intensiv ist in Deutschland hier die Kommunikation zwischen Algerien und Partnern in Mitteldeutschland. Bei erneuerbaren Energien geht es um mehr als „nur“ um die Erzeugung von Strom. Das Projekt verbindet globales und regionales Denken mit interkulturellem Handeln angesichts der dauerhaften Sicherung der Energieversorgung im 21. Jahrhundert nicht nur in Europa.
    Antoine des Saint-Exupéry (1900 – 1944) brachte diesen Zusammenhang schon auf den Punkt:


    „Il est très simple: on me voit bien qu’avec le coeur.
    L’essentiel est invisible pour les yeux “ 
    „Es ist sehr einfach: Man sieht nur mit dem Herzen gut.
    Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“


    Besuch von Prof. Dr. Osman Hassan (Algerien) zu Gesprächen
     mit Prof. Dr. Eckhard Freyer über ein gemeinsames Projekt
    mit mitteldeutschen Firmen: Solarstrom aus der Wüste


    Anmerkungen

    1  Asfa-Wossen Asserate: Die neue Völkerwanderung. Wer Europa bewahren will, muss Afrika retten. 
    Propyläen Verlag, Berlin 2016. 219 S.
    2  Bei Eike Haberland 1978 Universität Frankfurt am Main mit Aspekten der äthiopischen Geschichte 
    4 Vgl. u.a. http://www.bpb.de/izpb/7926/afrika-schwerpunktthemen und Literaturhinweise u.a.
    5 Als erster demografischer Übergang wird in der Bevölkerungswissenschaft der Übergang von hohen zu niedrigen Sterbe- und Geburtenziffern bezeichnet. 
    1. Er beginnt idealtypisch mit dem Rückgang einer hohen Sterblichkeit. Die Ursachen des Rückgangs umfassen sowohl einen höheren Lebensstandard und bessere Hygiene der Bevölkerung als auch den medizinischen Fortschritt, wobei zuerst die Säuglings- und Kindersterblichkeit zurückgeht. Da die Geburtenzahl zunächst hoch bleibt, wächst die Bevölkerung vorübergehend schnell an und ihre Altersstruktur beginnt sich zugunsten jüngerer Altersjahrgänge zu verschieben. 
    2. Demografischer Übergang ist die sich abzeichnende Alterung der Bevölkerung in vielen Ländern Europas zunächst noch von einem sogenannten “Babyboom“ überlagert, der mit der wirtschaftlichen Erholung während der Nachkriegszeit des Zweiten Weltkriegs einherging. In Deutschland fiel der “Babyboom“ Mitte der 1950er bis Ende der 1960er Jahre zeitlich mit der Phase des “Wirtschaftswunders“ mit hohen Wachstumsraten und Vollbeschäftigung zusammen. 
    3. Diese, auch als “Goldenes Zeitalter der Heirat“ bezeichnete Periode, bildet den Auftakt für den zweiten demografischen Übergang. Dieser bezeichnet den raschen Einbruch des Fertilitätsniveaus unter das für den langfristigen Bestandserhalt der Bevölkerung erforderliche Maß von im Durchschnitt 2,1 Kindern je Frau, der seit den 1970er Jahren alle europäischen Länder in unterschiedlichem Ausmaß erfasste. Unter anderem eine sich verbessernde gesellschaftliche Stellung der Frau mit Zugang zu höherer Bildung und beruflichen Möglichkeiten. Sie hat dazu beigetragen, den Kinderwunsch zu senken und die Verfügbarkeit moderner Empfängnisverhütungsmittel ermöglicht seitdem eine effektive Kontrolle der Fertilität
    Vgl.: http://www.bpb.de/gesellschaft/migration/kurzdossiers/176227/demografischer-uebergang

    6 Mittels moderner Technologien und unter Einbezug ihrer Nachbarstaaten versucht die Europäische Union, ihre Außengrenzen vor Kriminalität und illegaler Migration zu schützen. Zentraler Akteur ist dabei die Grenzschutzagentur Frontex.
    http://www.bpb.de/gesellschaft/migration/kurzdossiers/179671/frontex-und-das-grenzregime-der-eu
    7 „Die Kräfte der Globalisierung haben beispiellosen Reichtum für diejenigen geschaffen, denen es gelang, die Vorteile des wachsenden Stromes von Waren, Dienstleistungen und Kapitalströmen über nationale Grenzen hinweg zu nutzen“ (UNDP 1998: Bericht über die menschliche Entwicklung).

    Literaturhinweise
    • Vgl. u.a. Brüne, Stefan: Europas Außenbeziehungen
      und die Zukunft der Entwicklungspolitik. Wiesbaden 2005
    • Human Security Report Project (Hg.): Human Security Report 2005,
      War and Peace in the 21st Century. New York 2005, 170 S.
    • United Nations (Hg.): World Urbanization Prospects: The 2005 Revision. New York 2006.
    • Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen Berlin (Hg.):
      Welt im Wandel: Sicherheitsrisiko Klimawandel,
      Kapitel 5 (Klimawirkungen auf Naturraum und menschliche Nutzung), S 59-77
      sowie Kapitel 7.2-.7.4 (Brennpunkte des Klimawandels: ausgewählte Regionen, Südeuropa und Nordafrika; Sahelzone, Südliches Afrika), S. 142-149
    • Ludger Kühnhardt /Tilman Mayer (Hrsg.): Bonner Enzyklopädie der Globalität.
      Wiesbaden: Springer 2017, 1627 S. auch als eBook  erhältlich
    • Küng, Hans: Weltethos für Weltpolitik und Weltwirtschaft, München 1997
    • Rainer Tetzlaff Afrika. Eine Einführung in Geschichte, Politik und Gesellschaft.
      Lehrbuch. Grundwissen Politik. Wiesbaden: Springer 2018
    • Rainer Tetzlaff Der Islam, die Rolle Europas und die Flüchtlingsfrage. Islamische Gesellschaften und der Aufstieg Europas in Geschichte und Gegenwart.
      In: WIFIS  aktuell. Wissenschaftliches Forum für Internationale Sicherheit e. V.
      Opladen, Berlin, Toronto: Verlag Barbara Budrich 2016.
    • United Nations: UNDP – United Nations Development Programme, u.a. Berichte über die Bevölkerungsentwicklung. Details: hier 
    Presseschau in „Kirche und Arbeitswelt“ (Hg.: Ev. Kirche im Rheinland), 26.03.2019
    „Ein Marshallplan mit Afrika?“



    Redaktion:
    InterReligiöse Biblitohek (IRB), 14.12.2018


    CC

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