Mani und der Manichäismus – eine verschwundene Religion? (aktualisiert)



Kölner Mani-Kodex (Wikipedia)

Hier einige Zitate zu Leben und Wirken Manis:



„Mani ist der Stifter einer nach ihm benannten synkretistisch-dualistischen Religion, des Manichäismus … Geboren
wurde Mani am 14. April 216 bei Seleukia-Ktesiphon im Irak, in der Nähe
von Bagdad … Er war Mitglied in der asketisch ausgerichteten
juden-christlichen Täufersekte der
Elkesaiten … Im Alter von 12 Jahren (vgl. den 12jährigen
Jesus im Tempel!) empfing Mani die erste Offenbarung seines himmlischen
„Zwillings“ (),
der ihn über die himmlischen Geheimnisse aufklärte und zu seinem
ständigen Begleiter, gewissermaßen zum himmlischen Über-Ich und
Doppelgänger, wurde. Durch diese erste Vision mit prophetischem
Sendungsbewusstsein erfüllt entwickelte Mani eine universale Heilslehre,
auf deren Grundlage er die Täufersekte reformieren wollte … Als
eine Reform der Täufersekte nicht gelang, kam es zum Bruch und Mani
trennte sich von den Elkesaiten … Nachdem er als 24 jähriger durch eine zweite
Offenbarung seines himmlischen Zwillings als „Apostel des Lichts“
bestätigt und ausgesandt wurde, brach Mani zu Missionsreisen zunächst
nach Ktesiphon, dann nach Indien auf (240/241) …  Im Jahre 242 kehrte Mani
nach Persien zurück, wo inzwischen der Perserkönig Šapur I. (242-273)
an die Macht gelangt war. … Šapur I. versprach sich von
Manis Einheitsreligion politische Vorteile für seine Reichsideologie und
stand dem Manichäismus deswegen positiv gegenüber. Mit seiner Billigung
und Unterstützung  …  breitete sich der
Manichäismus sowohl innerhalb als auch außerhalb des Irans im Osten und
Westen aus … Auch der Nachfolger von Šapur I.,
Hormizd I. (273 / 274), blieb der manichäischen Lehre wohlgesonnen. Das
Schicksal Manis und der Manichäer änderte sich jedoch unter der
Herrschaft von Bahram I. (274-276/77), der Mani unter anderem das
Reisen und damit die Mission untersagte. Eine Verfolgung des
Manichäismus begann. Treibende Kraft hinter der nun einsetzenden
Repression des Manichäismus war indes die zoroastrische Priesterschaft … Die zwischen den beiden
konkurrierenden Religionen schon lange schwelenden Konflikte führten
schließlich zur Verhaftung und zum Tod Manis: Nach 26 Tagen Gefängnis
erlitt er … den Märtyrertod in Gundešapur … das
genaue Todesdatum ist umstritten (14. Februar 276 oder 26. Februar 277).
Die Legende erzählt, dass Mani nach seinem Tod direkt ins Lichtreich
aufstieg … Verfolgungen der
Manichäer schlossen sich an; viele starben wie Mani den Märtyrertod oder
wanderten im Lauf der Zeit in den Nordosten Irans und von da aus über
Zentralasien nach China aus, wo der Manichäismus zu neuer Blüte
gelangte. … Manis
Religion ist nach dem Prinzip eines gezielten Synkretismus gebaut, der
mehrere Religionen in sich vereint und aus ihnen eine umfassende
Heilslehre konstruiert. Einflüsse des Christentums (…), der jüdisch-christlichen Täufersekte
der Elkesaiten (…), der Gnosis (…),
des zoroastrisch-iranischen Dualismus (…) und später auch des Buddhismus
(…) sind
vorhanden.


Kern der manichäischen Lehre ist der Dualismus
zwischen den Urprinzipien Licht bzw. Geist und Finsternis bzw. Materie … Das Reich des Lichtes und
das Reich der Finsternis stehen einander als feindliche Mächte
gegenüber, die je für sich immer neue Kräfte und Emanationen generieren …  Das Licht wird in einem apokalyptischen
Endkampf („großer Krieg“), einem 1468 Jahre andauernden Weltenbrand und
dem Endgericht mit der Wiederkunft Christi als Richter (…)
befreit …



Aus
der Vorstellung, dass in jeder Form von Materie – sei sie organisch,
sei sie anorganisch – Licht gefangen ist, resultiert ein umfassendes
„kosmisches Verantwortungsgefühl“  … Im alltäglichen Leben muss immer darauf geachtet werden,
die Lichtteile nicht zu schädigen und zugleich an der Ausläuterung des
Lichtes und der Ausbreitung des Manichäismus mitzuwirken.“
Manichäische Miniaturmalerei aus Kocho in Zentralasien, im Museum für indische Kunst in Berlin
Manichäische Miniaturmalerei aus Kocho (Zentralasien)
Quelle: Joachim Schäfer: Ökumenisches Heiligenlexikon
Weiterführendes

Literaturhinweise


  • „Eine Wesensbestimmung des Menschseins stellt auch das gnostische Lehrgebäude des Mani (3. Jh. n. Chr.) dar, dem Begründer des Manichäismus In dieser Konzeption hat die Erkenntnis dem Glauben gegenüber Priorität. Diese religiöse Denkrichtung drohte damals durchaus zu einer ernsthaften Konkurrenz für das Christentum zu werden, wie das dualistische Denken Augustins noch erahnen lässt. Damit der Mensch aus dem Kerker zum Licht geführt werden kann, muss das gute Prinzip gegenüber dem bösen siegen. Dazu begeben sich göttliche Gesandte auf die Erde damit der in der Dunkelheit im Todesschlaf gefangene Mensch der Macht des Gottes der Finsternis entrissen wird und zur Erleuchtung kommt. Manis Religion ermöglicht durch die „Manifestation des Licht-Nous“, diesen Weg zum Heil zu gehen. Durch eine Versiegelung kann auch das Böse nicht mehr in den Menschen eindringen. 
    Solche streng dualistische Soteriologie hat im Mittelmeerraum immer wieder nachfolgende Bewegungen hervorgebracht, die man unter dem Namen der Katharer, der Reinen, zusammenfasst und die in der okzitanischen Bewegung der mittelalterlichen Katharer noch einmal eine bedeutende Rolle spielten.“
    Aus der Rezension zu: 
    Karl M. Woschitz: Homo transcendentalis.
    Der Mensch in seiner Symbolfähigkeit zwischen Leiden, Dramatik und Hoffnung.
    Festschrift anlässlich des 80. Geburtstags. Hg.: Theresia Heimerl unter Mitarbeit von Sarah Lang.

    Theologie im kulturellen Dialog, Bd. 33. Innsbruck-Wien: Tyrolia 2017, 248 S.

  • Beeindruckende Forschungsergebnisse: Gnosis und Manichäismus. Zwischen der Oase Ägypten  und der Seidenstraße – Gnose et manichéisme. Entre les oasis d’Égypte et la Route de la Soie – Hommage à Jean-Daniel Dubois – 
    A. Van den KerchoveL. G. Soares Santoprete (eds.) – Bibliothèque de l’Ecole des Hautes Etudes, Sciences Religieuses (BEHE 176)
    Turnhout: Brepols 2017, 970 pp., illustr., index

  • Ludwig Koenen / Cornelia Römer (Hg.):
    Mani. Auf der Spur einer verschollenen Religion.
    Freiburg u.a.: Herder 1993, 106 S.
    mit Literaturliste zum Manichäismus 
  • Amin Maalouf: Les jardins de lumière. Roman.
    Paris: J.-C. Lattès 1991, 341 pp.
    „Die Gärten des Lichts“: Roman über das Leben Manis
  • Christa Maria Siegert (Hg.): Mani. Perlenlieder.
    Eine Auswahl manichäischer Texte.
    Vadolzburg: Hermanes T.
    1985, 196 S. — mit Literaturliste
  • Zsusanna Gulácsi (Northern Arizona University): Mani’s Pictures:




    The Didactic Images of the Manichaeans from Sasanian Mesopotamia to Uygur Central Asia and Tang-Ming Chin.
    Leiden (NL): Brill 2015  




    The founder of Manichaeism,
    Mani (216-274/277 CE), not only wrote down his teachings to prevent
    their adulteration, but also created a set of paintings — the Book of Pictures— to
    be used in the context of oral instruction.



 

 

 

Manichäismus ist eine antike Religion, die nach ihrem Stifter, dem persischen
Weisen Mani – er lebte etwa 216 bis 276 – benannt wurde. Mani bezeichnete sich
selbst nach Buddha und Jesus
als letzten Propheten. Neben Elementen aus dem Parsismus und Christentum weist
der Manichäismus insbesondere Einflüsse der Gnosis
auf.
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