Titelblatt des 1. Bandes London 1737 |
Claude-Alexandre, Comte de BONNEVAL (1675-1747):
Mémoires du Comte de Bonneval, ci-devant Général d’Infanterie au service de Sa
Majesté Impériale & Catholique.
ce qui lui est arrivé de plus remarquable durant sont séjour en Turquie.
Aux dépens de la Compagnie 1737/1738,
192 S., 184 S., 191 S. (Erstausgabe)
Zur Biografie des Comte Claude-Alexandre de Bonneval
Château Bonneval im Limousin (wikipedia.fr) |
Der 1675 im Schloss Bonneval geborene Graf stammte aus einer alten Adelsfamilie des Limousin. Er diente als Offizier in der französischen Armee unter Ludwig XIV., dann stand er in italienischen, österreichisch-kaiserlichen Diensten und bewies schließlich sein exzellentes Organisationstalent im Heer des Osmanischen Reiches. Trotz seiner großen militärisch-logistischen Fähigkeiten gab es immer wieder erhebliche Probleme aufgrund seines unberechenbaren und jähzornigen Temperaments und mancher Liebesaffären.
Begegnung mit dem Comte de Bonneval auf der Route Richard Löwenherz: hier
Wien 1986, XXXI,479 S., Abb., Zeittafel
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Grabmal des Pascha-Grafen in Istanbul (Wikipedia.fr) |
Aber auch während seiner Dienste im Osmanischen Reich war er wieder in zweifelhafte Geschäfte und Beziehungen verwickelt. Ehe es hier zur Eklat kam, verstarb er im März 1747 in Istanbul.
In einem Brief über seine Konversion, der fragmentarisch bei Voltaire erhalten ist, steht nicht nur, dass er versuchte, seinen Kopf zu retten und deshalb lieber den Turban aufsetzte, sondern auch:
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Der Graf als Ahmet Pascha, gemalt „nach der Natur“ von Jean-Étienne Liotard (wikipedia.fr) |
„Es kam mir etwas lächerlich vor, mich beschneiden zu lassen, aber man versicherte mir, dass man mir diese Operation wegen meines Alters ersparen würde. Das Lächerliche, die Religion zu wechseln, ließ mich jedoch keineswegs mit dem aufzuhören, was ich immer schon gedacht habe: Es ist Gott völlig gleichgültig, ob man Muslim, Christ, Jude oder Zoroastrier ist“.
— Es folgen Namen einiger berühmter Adliger, die genau so denken wie der Graf von Bonneval, ebenso auch der Prinz Eugen! Seiner Dienerin Lamira (zugleich seine Übersetzerin ins Französische) bekennt er den Wunsch nach Konversion. Ein Imam führt ihn in die Lehre des Islam ein. Am Schluss sagt der „Priester“:
„Wenn nun dieser hier anwesende Christ, seinem götzendienerischen Kult abschwören und jenen der siegreichen Muslime annehmen will, ist nichts weiter nötig vor mir, als unsere heilige Formel auszusprechen und die vorgeschriebenen Gebete und Waschungen zu vollziehen …“ Nachdem Lamira ihm alles übersetzt hatte, erzählt der Graf noch, dass diese Zeremonie vor zwei Muslimen stattfand. Danach ließ er sich den Kopf rasieren, und der Imam setzte ihm einen Turban auf …
In: Voltaire, Joseph-Marie Durey de Morsan, Jean-Louis Wagnière und Charles-Frédéric Gabriel Christin: Commentaire historique sur les oeuvres de l’auteur de la Henriade etc.: avec les pièces originales et les preuves (= mit den originalen Belegen und Beweisen). Bâle (Basel) gedruckt bei: Chez les Héritiers de Paul Duker 1776, p. 30-35 Der vollständige Text in wikipedia.fr (Alexandre-Claude Bonneval).
Vgl. dazu auch mit etwas anderer Einschätzung des Grafen:
Hermann E. Stockinger: Die Apostasie des Pascha-Grafen Alexander von Bonneval (1675-1747) und europäische Stimmen zum „Fall Bonneval“. In: Dietrich Klein / Birte Platow (Hg.): Wahrnehmung des Islam zwischen Reformation und Aufklärung. München: W. Fink 2008, S. 109-137. Rezension: hier
So ungewöhnlich in manchem auch die Memoiren des Grafen de Bonneval klingen mögen,
sie sind Teil einer „extraordinären Geschichte der Renegaten“.
Diese werden beschrieben in:
Bartolomé + Lucile Bennasar:
Les Chrétiens
d’Allah. L’histoire
extraordinaire des renégats.
XVIe – XVIIe siècles. Paris: Perrin [1989], 2006, 493 S., Abb., Zeittafel, Glossar.
Ausführliche Besprechung von Isabelle Potrin
in „Carnets de Recherche“ 01.03.2016