Philipp Haas: Ethische Anfragen und Herausforderungen bei Investitionen

 

Philipp Haas:
Die Kunst
des Investierens.

14 Prinzipien für Aktien, finanzielle Freiheit
und das gute Leben

München: C.H. Beck 2021, 302 S.
ISBN 978-3-406-77748-6.

Der Autor war nach seinem Studium an der Universität St.
Gallen in der Digitalbranche und als Fondsmanager tätig. Heute ist er
selbstständiger Investor sowie Onlineunternehmer und verwaltet auch Kapital für
Dritte. Er betreibt den Blog investresearch.net, den Newsletter FINANZPOST und
einen beliebten YouTube-Kanal. Außerdem ist er auf Wikifolio einer der
Portfoliomanager. Er will die Geldanlage in Deutschland besser, einfacher und
fairer zu machen.

Seine Mission: Er will dazu beitragen, dass die Deutschen
ihr Geld produktiver anlegen. Denn durch die 
Nullzinspolitik werden Sparguthaben schleichend entwertet. Aktien und
Immobilien steigen dagegen im Wert. In seiner Darstellung, quasi ein
finanzieller Bildungsroman, führt Haas auf leichte und unterhaltsame Weise in
die Kunst des Investierens ein und zeigt, wie finanzielle Freiheit erreichbar
ist. Denn Investieren ist kein Selbstzweck. Zur Kunst wird es, wenn es
unabhängig macht und ein freies und glückliches Leben ermöglicht. Um auch
Menschen zu erreichen, die kein typisches Finanzbuch lesen würden, hat Philipp
Haas Felix und Victor erfunden. Felix macht sich für eine Sommerreise nach
Spanien auf, um darüber nachzudenken, was er im Leben eigentlich will. Nach
einigen Abenteuern landet er schließlich auf Menorca. Dort trifft er Victor,
der ihm seine 14 Investmentprinzipien verrät, die das wichtigste über Geld,
Entscheidungen, Wirtschaft, Börse, Aktien, Immobilien, Glück und die Kunst des
Investierens enthalten. Sie werden Felix‘ Leben für immer verändern. So wie
Felix stellen sich viele Menschen gerade die Frage, wie sie ihr Geld so anlegen
können, dass es ihnen möglichst früh Freiheit und Unabhängigkeit ermöglicht.
Dieses Buch bietet Orientierung, um sozusagen an einem Wochenende bei der
Geldanlage besser werden als 90 Prozent der Deutschen. Das zeigt sich u.a.:
darin:

  • Viele junge Menschen legen ihr
    Geld an der Börse an
  • Plattformen wie Trade Republic
    boomen
  • Zahl der Aktienbesitzer in
    Deutschland ist so hoch wie seit 20 Jahren nicht
  • Leichte Zugänge mit diesem unterhaltsamen
    Bildungsroman und über den stark wachsenden Youtube-Kanal

So gibt es ein erstaunliche Beziehung zwischen Psychologie
und Finanzen. Sie zeigt, welche Vorteile Verantwortung für Geld mit sich bringt.
Als Auflockerung in eine nette Rahmenhandlung verpackt, beschreibt der  Roman verschiedene Orte auf Mallorca/Menorca
mehr als Stockpicking-Strategien (Stockpicking = gezieltes
Investieren in einzelne, börsennotierte Unternehmen), denn „d
ie Kunst des
Investierens“ ist viel breiter angelegt und beschäftigt sich keinesfalls
nur mit Aktieninvestments. Es geht vielmehr um die
Selbstfindung eines jungen Berufstätigen, der nicht nur auf der Suche nach
finanzieller Unabhängigkeit ist sondern auch den Sinn des Lebens noch nicht
gefunden hat. In den ersten Kapiteln kommt darum die Investition in das eigene
Humankapital sowie die Investition in soziale Kontakte zur Sprache. Sogar Tipps
zur Partnerwahl gibt Haas den Lesenden mit auf den Weg.

Allerdings
beachtet er nicht die relevanten Werke: 

  • Gary Becker,
    Gary: 
    Human Capital. New York: Columbia
    University Press. 1964.
    Dahrendorf, Ralf: Bildung ist Bürgerrecht.1965
  • Dahrendorf, Ralf: Bildung ist Bürgerrecht. Plädoyer für eine aktive
    Bildungspolitik.
    Hamburg: Nannen 1965
  • Theodore W. Schultz
    (1963).
    The Economic Value of Education.

    New York: Columbia University Press 1963
  • Bundeszentrale
    für politische Bildung:
    >>>Bildungsgesellschaft
    >>> Bildung und Herkunft
  • Aladin
    El-Mafaalani: „Mythos Bildung“.
    Die ungerechte Gesellschaft, ihr Bildungssystem
    und seine Zukunft.
    Köln 2020

 Unmittelbar einleuchtend sind seine Ansichten über Konsum,
Sparen, Geldanlage und dem Traum von der finanziellen Freiheit.
Es geht um sinnvolle Ziele und wie man angeblich sein
Glück erzwingen kann.

Dabei geht es besonders darum, die Bedeutung von
Finanzbildung zu erkennen und 
Zinseszins-Effekte systematisch nutzen zu lernen.

 In der zweiten Hälfte des Buches geht es um die „Kunst
des Investierens“ Die Grundlagen der Wirtschaftspolitik bis hin zu seiner
Aktien-Anlagestrategie auf nur 150 Seiten zu vermitteln bedeutet, wirkt wie die
Quadratur des Kreises. Die finanzwirtschaftlich wenig
vorgebildeten LeserInnen (die Zielgruppe dieses Buches) können darum die auf
wenigen Seiten zusammengefassten Grundlagen von Bilanzierung, GuV, etc. kaum
vollständig verstehen.

Doch wichtiger als die Vermittlung von BWL-Wissen ist eine
„6-Schritte-Investmentgrundausbildung“. Als  eine brauchbare Orientierung  für Leser, die  am Anfang ihres Weges stehen um ihre Finanzen
zu ordnen. Das Buch ist empfehlenswert und lesenswert.
Ein Kapitel widmet Philipp Banken, Vermögensverwaltern
und Fondsmanagern. ictor, die Hauptfigur dieses Bildungsromans, skizziert
Merkwürdigkeiten in der Asset-Management-Branche. Danach einige Grundlagen für
Immobilieninvestments und generelle Überlegungen, die heute relevant bei der
Gründung eines eigenen Unternehmens anstellen sollte.

 Auf den letzten 75 Seiten geht es um Aktien und Börse, um
mit aktiven Investments Indizes zu schlagen. Die Einführung in die
Aktien-Anlagestrategie rund um das
„Faire
KGV“
zur Bewertung und das QFMA-Modell
zur Portfoliogewichtung, die er auf seinem Blog und seinem Investresearch
TV
YouTube-Kanal an 20.000 Abonnenten vermittelt. Als bewusst in Eigenregie
ohne einen Verlag herausgebracht enthielt das Buch leider noch etliche grammatikalische
Fehler.
  Der C H Beck Verlag hat  diese Probleme behoben. Auch eine
Print-On-Demand (Amazon) macht die
 
Verbesserung des Werkes möglich.
Vgl.
https://www.high-tech-investing.de/post/die-kunst-des-investierens-rezension
und
https://www.onemillioneuroman.com/

 Mit „Die Kunst des Investierens“ bringt Philipp
Haas ebenfalls keine ausführliche Darstellung der Aktien-Anlagestrategie. Wie
gesagt: Es ist eher ein leicht lesbarer Finanzbildungsroman, vor allem
 für junge Menschen  auf der Suche nach einer  Finanzbildung sind, die unsere Schulen in
Deutschland leider nicht vermitteln.
 
Doch es fehlt an börsennotierten Unternehmen in Deutschland als einem
Land der Aktienmuffel. Darum müssen Aktien als Anlage und
Finanzierungsinstrument um breite Bevölkerungsschichten am Produktivkapital zu
beteiligen erneut thematisiert werden:
https://www.flossbachvonstorch.de/de/

und https://www.flossbachvonstorch.de/de/ueber-uns/investmentleitlinien/

Aber man muss wachsam sein: Viele Menschen streben nach
Erfolg, persönlichem Glück, Gesundheit, finanzieller Unabhängigkeit und einem
erfüllten Leben. Die Antwort scheint leicht bei
Carsten Maschmeyer. Er hat es
aus einfachsten Verhältnissen zum Milliardär geschafft. In seinem Buch:

Die sechs Elemente des Erfolgs.
München: Finanzbuch-Verlag 2021, 304 S.
Verlagsinformation mit Leseprobe
zeigt er  auf, wie es jedem
  gelingen kann, seine
Träume zu verwirklichen. Und so kommen auch die Schattenseiten vom Erfolg ans
Licht: Tablettensucht und ein Privatleben in Trümmern. Sein
  Buch ist eine  zweifelhafte „Bibel zum Erfolg“, in der die Anfänge mit dem
Finanzdienstleister AWD beschrieben werden, der ahnungslose Anleger in den (finanziellen) Ruin trieb: 
 
„Der Drückerkönig und die Politik – Die Karriere von AWD-Gründer Carsten
Maschmeyer“: 

https://www.youtube.com/watch?v=X-fFocf8Xfs

Auf andere Weise kann Haas mit seiner „Suche nach dem guten Leben“  junge Menschen unterstützen. Ähnlichkeiten
zu Ansätzen aus der christlichen Tradition wie dem biblischen „Leben in Fülle“
gilt es zu beleben. Denn die Debatte um Wirtschaftswachstum und Ausbeutung von
Ressourcen versus „gutes Leben“ steht erst am Anfang: Bisher war das
Bruttoinlandsprodukt (BIP)
  Maß für die
wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft in einem bestimmten Zeitraum.

Das BIP misst den Wert der im
Inland hergestellten Waren und Dienstleistungen (Wertschöpfung), soweit diese
nicht als Vorleistungen für die Produktion anderer Waren und Dienstleistungen
verwendet werden. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird in jeweiligen Preisen und
preisbereinigt (Deflationierung mit jährlich wechselnden Vorjahrespreisen und Verkettung)
errechnet. Auf den Vorjahrespreisbasis wird die „reale“ Wirtschaftsentwicklung
im Zeitablauf frei von Preiseinflüssen dargestellt. Die Veränderungsrate des
preisbereinigten Bruttoinlandsprodukt (BIP) dient als Messgröße für das
Wirtschaftswachstum der Volkswirtschaften. Quelle: Statistisches Bundesamt: 
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/VGR/Methoden/BIP.htm 

Doch das BIP und die monetäre Leistungen sind ohne
Wohlfahrtseffekte:  Niemand wird wohl behaupten wollen, dass eine Zunahme von
Ehescheidungen sich positiv auf die Wohlfahrt einer Gesellschaft auswirkt. Hingegen sorgen Anwalts- und Gerichtskosten dafür,
dass das BIP steigt – eben ohne gesellschaftliche Wohlfahrtsgewinne.
Angesichts der damit verbundenen ethischen Herausforderungen müssen  die finanztechnischen und Gewinn steigernden Tendenzen nicht nur im Horizont von Humankapital bedacht werden, sondern sie sind in Richtung einer Wohlfahrt für alle  zu orientieren.

Erläuterungen:

Mehr zum Thema bieten die 8 Schlüsselbereiche der Wohlfahrtsmessung, so die Stiglitz-Sen-Fitoussi-Commission: https://de.wikipedia.org/wiki/Stiglitz-Sen-Fitoussi-Kommission 

1. Materieller Lebensstandard (Einkommen, Konsum, Reichtum) – 2. Gesundheit – 3.
Bildung –  4. Persönliche Aktivitäten inklusive Arbeit – 5. Politische Artikulation
und Regierungsführung – 6. Soziale Verbindungen und Beziehungen 7. Umwelt
(derzeitige und künftige Bedingungen) 8. Sicherheit, im ökonomischen und
physischen Sinne.
 

Ähnlich stellt es der Better-Life-Index der OECD dar:

1.Wohnen – 2. Einkommen – 3. Arbeit – 4. Gemeinschaft-  5. Bildung – 6. Umwelt – 7.
Bürgerschaftliches Engagement  – 8. Gesundheit – 9. Lebenszufriedenheit – 10.
Sicherheit – 11.Work-Life-Balance

http://www.oecdbetterlifeindex.org/de/
10 OECD: How’s Life. Measuring Well-being. o.O. 2013,
http://www.oecd-ilibrary.org/economics/how-s-life-2013_9789264201392-en 11

Vgl. die Webseite der
EU-Kommission zu Beyond GDP
: http://ec.europa.eu/environment/beyond_gdp/index_en.html
und: Enquete-Kommission des
Deutschen Bundestags „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität – Wege zu nachhaltigem
Wirtschaften und gesellschaftlichem Fortschritt in der Sozialen
Marktwirtschaft“. Schlussbericht
(DS 17/13300), S. 238; und
Einzelkomponentendarstellung des RWI (Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung)
1
Index der Einkommensverteilung 2 Gewichteter privater Konsum + 3 Wert der
Hausarbeit + 4 Wert der ehrenamtlichen Arbeit + 5 Öffentliche Ausgaben für
Gesundheits- und Bildungswesen + 6 Kosten und Nutzen dauerhafter Konsumgüter +
/ – 7 Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte – 8 Kosten
durch Verkehrsunfälle – 9 Kosten durch Kriminalität – 10 Kosten durch Alkohol-,
Tabak- und Drogenkonsum – 11 Gesellschaftl. Ausgaben zur Kompensation von
Umweltbelastungen – 12 Kosten durch Wasserbelastungen – 13 Kosten durch
Bodenbelastungen – 14 Schäden durch Luftverschmutzung – 15 Schäden durch Lärm –
16 Verlust bzw. Gewinn durch Biotopflächenänderungen + / – 17 Schäden
durch Verlust von landwirtschaftlich nutzbarer Fläche + / – 18 Ersatzkosten
durchVerbrauch nicht erneuerbarer Energieträger – 19 Schäden durch
Treibhausgase – 20 Kosten der Atomenergienutzung

Prof. Dr. Eckhard Freyer, Bonn

This site is registered on wpml.org as a development site. Switch to a production site key to remove this banner.