Michael Bohnet:
Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik
Strategien,
Innenansichten, Erfolge, Misserfolge, Zeitzeugen, Herausforderungen.
Stuttgart: UTB 2015, 2019, 2. Aufl. 2019, 331 S.
— ISBN-10: 3825243206 —
Autor Michael Bohnet hat über Jahrzehnte in der Entwicklungsforschung und Entwicklungspolitik, große Sachkenntnis erworben, besonders als Abteilungsleiter
des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Die aktualisierte und erweiterte zweite Auflage seines Buches „Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik“ enthält im Vergleich
zur ersten Auflage (2015) etliche neue Aspekte (etwa ein Drittel des Buches
ist neu).
Die deutsche Entwicklungspolitik war unter den bislang
13 Ministerinnen und Ministern durch ein Wechselbad von Strategien geprägt: Außen-
und Sicherheitspolitik, Wirtschafts- und Rohstoffpolitik sowie Umwelt- und
Friedenspolitik waren stets durchwoben von ethisch-humanitären Motiven.
Ein
Geleitwort von Dirk Messner führt mit Kapitel 1 zu Grundwissen und zu den Anfängen der
deutschen Entwicklungspolitik (1953-1962) in Kapitel 2.
In der 2. Auflage entstand durch eine
stärkere Einbettung der 15 Etappen der deutschen Entwicklungspolitik (von
Scheel 1960 bis Müller heute) im
geschichtlichen Zusammenhang eine Verbesserung.
Basis für die bundesdeutsche Entwicklungspolitik seit den 1950er Jahren
war der Ost-West-Konflikt. In den 1960er und 1970er Jahren zeigte sich Entwicklungshilfe
immer auch als ein Instrument im Systemkonflikt, weil die Bundesregierung Geld und
materielle Hilfe insbesondere solchen Regierungen gewährte, die im Gegenzug die
DDR nicht anerkannten. Vor allem in den 1960er Jahren entstand so geradezu ein
Wettlauf zwischen beiden deutschen Staaten um die Gunst afrikanischer Länder, denn
auch die DDR nutzte das Instrument der Entwicklungshilfe, um die bundesdeutsche
Hallstein-Doktrin zu unterlaufen.
1990er Jahren bestimmte die globale Perspektive mit sozialen und ökologischen
Verwerfungen besonders in den „Enwicklungsländern“ als potentielle Bedrohung
für die gesamte Menschheit die Diskussionen.
Ausgesprochen interessant ist die erweiterte
Liste von über 40 Zeitzeugen mit ihren Kurzbeiträgen zu den Kapiteln
der bisher 13 MinisterInnen des BMZ.
Lobenswert ist die Bewertung der Rolle der Zivilgesellschaft
(mit den nicht- staatlichen Organisationen, Übersicht = S. 280f.) im Kontext der deutschen Entwicklungspolitik. Dazu kommt ebenfalls neu ein erweitertes Kapitel 15 über den Paradigmenwechsel zur Nachhaltigkeit
der heutigen Entwicklungspolitik unter Gerd Müller (S. 217ff.).
Abschließend
in Kapitel 16 skizziert Bohnet im Sinne einer ausgewogenen Bilanz eine ausführliche historische Orientierung der Erfolge und
Misserfolge von 60 Jahren Entwicklungspolitik. In diesem Kontext stellt er ein durchdachtes 15- Punkte-Programm für aktuelle und zukünftige entwicklungspolitische Herausforderungen vor angesichts etwa der Prognose, dass sich Afrikas Bevölkerung bis 2050 verdoppeln wird, usw.
Standardwerk vor. Auch die grafische Gestaltung/Layout durch Info
– Graphiken als Ergänzung zum Kapitel „Grundwissen Entwicklungspolitik“ ist gelungen.
Insgesamt skizziert der
Autor diese häufigen Paradigmenwechsel der staatlichen Entwicklungshilffe in der jüngsten Geschichte und
vermittelt eine eindrucksvolle Innenansicht der Etappen der deutschen
Entwicklungspolitik. Zu allen Perioden werden Stimmen von Zeitzeugen
wiedergegeben. Der Autor bettet die 15 Etappen deutscher Entwicklungspolitik
(von 1960 bis heute) in der neuesten Auflage des Buches stärker in den geschichtlichen Zusammenhang ein und
skizziert die aktuelle Entwicklungspolitik unter
Gerd Müller in einem
erweiterten Kapitel.
„BMZ-Personen […], die die eigentlichen ‚Gestalter‘ „der
Entwicklungspolitik waren (S. 7), weiterhin Organisationspläne des BMZ sowie wichtige
entwicklungspolitische Institutionen.
aller analytischen Klarheit Bohnets kommen die begrenzte Bewertung im BMZ für
Agrar-und Ernährungsfragen zum Vorschein. Dazu werden die europäischen
Verflechtungen deutscher Entwicklungspolitik mit den Beziehungen zur EU, zu Frankreich,
Großbritannien, Italien … – die ebenfalls
entwicklungspolitisch engagiert sind –
nur begrenzt berücksichtigt: Besonders angesichts der Einwanderungsfragen sind diese Zusammenhänge für die
sozio-ökonomische und demografische Zukunft der Europas unbedingt zu bedenken.
Vgl. https://www.bpb.de/internationales/europa/europa-kontrovers/38103/migration
„Masterplan Migration“ bei entwicklungspolitischer
Zusammenarbeit zur Verringerung der Fluchtursachen ist derGreed-and-Grievance-Ansatz, d.h.: Es geht zuerst um Möglichkeiten, Wohlstand zu erreichen und weniger darum, religiöse, politische oder ethnische Unterdrückung zu minimieren (so Paul Collier/Anke Höffler, s.u.).
Denn durch die aktuelle Flucht- und Migrationsdiskussion im
Kontext der Entwicklungshilfen [bezogen auf die Herkunfts- und Transitländer: mögliche Nordafrikastrategien usw.] erhält das empfehlenswerte und gut lesbare Werk zusätzliche Relevanz
Paul
Collier:
Exodus – Immigration and Multiculturalism
in the 21st Century
London et alii: Allan Lane (Penguin Books)
2013, 320 pp. — ISBN 978-1846142246
Deutsche Ausgabe:
Exodus: Warum wir Einwanderung neu regeln müssen.
Übersetzung: Klaus-Dieter Schmidt
München: Pantheon (Siedler) 2016, 318 S., Register
— ISBN 978-3570552872 —
Der britische Ökonom Paul Collier (geb. 1949) forscht zu
den wirtschaftlichen und sozialen Folgen von Migration. Er plädiert für
geringere und selektive Zuwanderung aus Entwicklungsländern nach Europa und in
die USA. Dabei bezieht er sich insbesondere auf die Forschungen von Robert Putnam über
die gesellschaftliche Fragmentierung als Folge fehlenden gegenseitigen
Vertrauens zwischen den Einwohnern eines Landes. Dies verhindere zudem in vielen Entwicklungsländern – vor allem Afrikas – die
Entstehung effektiver Organisationen und produktiver wirtschaftlicher
Strukturen.
In seinem Buch führt er aus: „Für eine dauerhafte Zusammenarbeit
ist Vertrauen nötig […] Bei einem hohen Maß an Vertrauen arbeiten die
Menschen besser zusammen, und die sozialen Kosten der Kooperation sind
geringer, da weniger Zwangsmaßnahmen erforderlich sind. Soziale Normen sind
also ebenso wichtig wie formelle Institutionen.“ Migranten würden zumeist aus
Ländern mit nicht funktionierenden Sozialmodellen und geringem
gesellschaftlichen und institutionellen Vertrauenskapital fliehen. Diesen
Mangel brächten sie in die Einwanderungsländer mit und erhöhten damit die
sozialen Kosten der Integration. Dennoch tritt Collier für die Legalisierung
des Aufenthalts illegaler Einwanderer besonders in den USA ein.
Er veröffentlichte mit Anke Höffler auch Artikel über die Ursachen von Bürgerkriegen in Afrika, die als Möglichkeit gesehen werden, zu verstärktem Wohlstand zu kommen (Greed-and-Grievance-Ansatz). Dabei werden religiöse, politische oder ethnische Unterdrückung eher ausgeblendet.
In Bezug auf die Flüchtlingskrise
in Europa ab 2015 weist Collier Angela Merkel dann auch die
Alleinschuld zu.
Hartmut
Ihne, / Jürgen Wilhelm (Hg.):
Einführung in die Entwicklungspolitik
bpb 1338.
Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2006, 3. Aufl. 2013, 601
S., Register
— ISBN 978-3825881528 —
Inhaltsverzeichnis und Leseprobe >>>
Zeit für eine gemeinsame Politik der Staaten zur Lösung globaler
Entwicklungsprobleme, denn die internationalen Rahmenbedingungen haben sich
seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes und dem Aufstieg Chinas und Indiens
drastisch verändert. Solange der Norden als Geldgeber zur Lösung der Probleme
des Südens herangezogen werden müsse, seien die Ziele der Entwicklungspolitik
nicht erreicht.
So werden im Buch detailliert vorgestellt:
Entwicklungshilfe; Kapitalhilfe;
Low-income Countries, Deutschland, Länder der sog. 3. Welt etc. Vor allem Ungleichgewichte im
Entwicklungsstand verschiedener Länder treten immer stärker in unser Blickfeld und
verdeutlichen die Bedeutung von politischer Entwicklungsarbeit.
Einführung in die Entwicklungspolitik ist auf dem neuesten Stand von Theorie
und Praxis und gibt einen thematisch breit gefächerten Überblick über Inhalte,
Handlungsfelder und Akteure wieder. Sie schlägt eine Brücke zwischen einem
klassischen und erweiterten Verständnis von Entwicklungspolitik. Sie umfasst also
sowohl konkrete Aspekte der Projekt- und Programmebene der Entwicklungspraxis
als auch deren globale Einordnung und theoretische Einbettung. Sie führt ein in
Verfahren, Instrumente und Institutionen der Entwicklungspolitik auf
nationaler, regionaler und internationaler Ebene und repräsentiert dabei den
aktuellen Stand der entwicklungspolitischen Diskussion in Theorie und Praxis.
Die Beiträge stammen von ausgewiesenen Fachleuten aus der Entwicklungspraxis und –
forschung.
Dieser Theorie-Praxis-Ansatz unterscheidet die Darstellung von anderen
Einführungen in das Themenfeld. Sie richtet sich insbesondere an Studierende
entwicklungspolitisch relevanter Fächer, an Fachleute aus
entwicklungspolitischen Organisationen sowie an entwicklungspolitisch
interessierte Leserinnen und Leser.
Die Einführung behandelt übersichtlich in sechs Kapiteln
allgemeine Grundlagen der Entwicklungspolitik und zentrale Handlungsfelder der
Entwicklungszusammenarbeit, wendet sich ausführlich den Politiken ausgewählter
bi- und multilateraler Geber zu und beleuchtet die zentralen Aspekte globaler
Entwicklung und globaler Strukturpolitik. Systematische Erörterungen zu
ethischen und kulturellen Grundfragen der Entwicklungspolitik sowie
Überlegungen zur Beratung von Entwicklungspolitik durch die Wissenschaft schließen
die Einführung ab. Dabei wurde versucht, den Anspruch auf wissenschaftliche
Präzision und Begründung mit dem der guten Lesbarkeit zu verknüpfen.
Rainer
Tetzlaff:
Afrika:
Eine Einführung in Geschichte,
Politik und Gesellschaft
Wiesbaden:
Springer VS 2018, 356 S.
— ISBN 978-3658202521 —
Lehrbuch bietet einen vertieften Überblick über die Geschichte und Politik
Afrikas. Die Darstellung beginnt mit dem atlantischen Sklavenhandel und führt über die Phasen von Kolonialismus und
Dekolonisation bis zu den Entwicklungsproblemen der Gegenwart. Dabei werden
diverse Entwicklungstheorien zur Erklärung von erfolgreichen und
fehlgeschlagenen Entwicklungspfaden einzelner Länder nach 1960 herangezogen.
Europa vor der neuen Völkerwanderung:
https://textmaterial.blogspot.com/2018/12/europa-vor-der-neuen-volkerwanderung.html
Oskar Kurer: Entwicklungspolitik heute –
Lassen
sich Wohlstand und Wachstum planen?
Wiesbaden:
Springer 2017, 324 S
— ISBN 978-3658123987 —
Teil der Weltbevölkerung den Weg aus der Armut zu ermöglichen. Hier liegen die großen Herausforderungen unserer Zeit und sind daher Diskussionsgegenstand dieses
Buches. Der Erfolg westlicher Politik wird nach eigenem Selbstverständnis
weitgehend daran gemessen, ob in der „Dritten Welt“ die Wohlfahrt der Menschen
soweit erhöht werden kann, dass keine materielle Not mehr herrscht und darüber
hinaus die Menschen an Kultur und Politik teilhaben können.
Das Buch stellt
sich folgende essenzielle Fragen: Wie hat sich der Wohlstand der Menschen in
den Ländern der Dritten Welt im Zeitalter der Globalisierung verändert? Warum
sind einige Länder und Regionen in Armut verharrt, haben sich andere davon
befreien können und sind wieder andere wohlhabend geworden? Welche Rolle
spielen dabei der Staat und die Gesetze des Marktes? Lassen sich diese Entwicklungen von außen
steuern, beispielsweise durch Entwicklungszusammenarbeit? Welche
Zukunftsaussichten haben diese Länder?
Die vorgetragenen Gesichtspunkte und weltweiten Zusammenhänge regen zu intensivem Nachfragen and Nachdenken an!
Zur weiteren Information:
Wirtschaftsnobelpreis 2019 und Bekämpfung der Armut >>>
Freyer, Bonn