SEHEN IM VERGLEICH
Vera Beyer
Transformationen von Blicken in der persischen und westeuropäischen Buchmalerei
Heidelberg: arthistoricum.net, 2022
Free Download über die UB der Universität Heidelberg
Gedruckte Ausgabe: Berlin: Dietrich Reimer Verlag 2020, 368 S., 91 Farbabb. / 21 sw Abb.
— ISBN: 978-3-496-01623-6 —
Inhaltsverzeichnis und Leseprobe >>>
Idw-Nachrichten mit Bildbeispielen (16.03.2022)
Vgl. ergänzend:
Verlagshinweise
Sehen im Vergleich behandelt Buchmalerei aus dem persischen und westeuropäischen Raum zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert. Bei den ausgewählten Malereien geht es jeweils um das Thema des Sehens. Dabei vergleicht die Kunsthistorikerin Geschichten und Vorstellungen, die in beiden Kulturen rezipiert wurden, um zu sehen, „was macht der eine Kontext, was macht der andere Kontext aus der gleichen Geschichte“. (…) So hinterfragt das Buch in seinen Analysen von gemeinsamen Traditionen die Annahme eines Gegensatzes von einer bilderfreundlichen europäischen und einer bilderfeindlichen islamischen Kultur.
Wie werden begehrliche Blicke legitimiert? Was sind die Bedingungen der Gottesschau? Wann ist Bildbetrachtung Idolatrie? Befragt werden Topoi, die in beiden Bildkulturen kursieren: Blicke auf die Schönheit des alttestamentlichen Josef, den Vorhang vor dem Thron Gottes, das Portrait Alexanders des Großen, träumende Autoren und ungläubige Götzenanbeter. Die Transformationen dieser Topoi konterkarieren Universalisierungen ebenso wie Essentialisierungen, etwa eines bilderfeindlichen Islams gegenüber einem bilderfreundlichen Christentum. In der Verbindung von transkultureller Kunstgeschichte und Bildwissenschaft erprobt das Buch so eine transkulturelle Blickkritik.
Vera Beyer, Professorin für Kunstgeschichte und Historische Bildwissenschaft an der Universität Regensburg.
Sie arbeitet u. a. zu Ornamenten, politischer Repräsentation und transkulturellen Kunstgeschichten sowie deren Vermittlung in Museum und Schule.
Inhaltsverzeichnis
Prolog — Einleitung Zur Kritik des Vergleichs — Zur Kritik des Blicks — Zum Aufbau der Arbeit
Wovon Autoren anfangs träumen. Einführende Bemerkungen zur inneren Schau
I Entgrenzte Blicke.
1. Der Traum des Autors in einer Illustration von Khvājū-yi Kirmānīs Rawat ul-Anvār
2. Der Blick in den Spiegel. Wegweisende Visionen in einer Handschrift
von Guillaume de Deguilevilles Pèlerinage de la vie humaine
II Durchschauende Blicke. Vorhänge vor dem Thron Gottes als Bedingungen der Gottesschau
1 Blicke ins Bild. Zur Darstellung Gottvaters im himmlischen Zelt im Turiner Gebetbuch
2 Ortloses Sehen. Zur Darstellung der Gottesschau im Pariser Miʿrājnāmah
3 Durchschaubar. Zur Öffnung des Vorhangs in der Miniatur des Turiner Gebetbuches
4 »… der in jenem Vorhang den Blickgegenstand fand«. Zur Vorhangdarstellung im Pariser Miʿrājnāmah
5 Bedingungen der Möglichkeit von Blicken im Vergleich
6 Zum Übergang: Himmelfahrt und Hajj. Von der Darstellung des reisenden Propheten
zur Aussicht für vorbildliche Pilger
III Vergleichende Blicke. Kandakes Alexanderportrait zwischen fremdem Idol und eigener Imagination
1 Aneignungen Alexanders in der Buchmalerei des persischen und französischen Sprachraums
2 Kandakes Alexanderportrait im Pseudo-Kallisthenes als tertium comparationis
3 Zwischen Idol und Identifikation. Vergleichende Blicke auf Kandakes Alexanderportrait
in französischsprachigen Handschriften
3.1 Un-/Unterscheidbar. Illustrationen des altfranzösischen Prosa-Alexanderromans Ende des 13. Jahrhunderts
3.2 Nichtunterscheidung als Idolatrie. Das begehrte Bild im altfranzösischen Prosa-Alexanderroman und im Alexanderroman des Alexandre de Paris
3.3 Vom Idol zum Wiedererkennungswert. Illustrationen von Thomas von Kents Roman de toute chevalerie
3.4 Wiedererkennbare Bilder. Darstellungen von Kandakes Alexanderportrait aus dem 15. Jahrhundert
4 »Ich habe dir dein Bild gezeigt, damit du dein Bild von mir berichtigst!« Blick und Imagination
in Handschriften von Niẓāmīs Iskandarnāmah
4.1 Identifikation im Vergleich. Eine Darstellung von Nūshābah mit dem Bild Alexanders
4.2 »… um durch Vergleich ihren Charakter zu ergründen«. Alexanders Bild in Niẓāmīs Iskandarnāmah
4.3 Im Vergleich mit dem Spiegelbild. Eine Darstellung von Alexander gegenüber seinem Bild
5 Un-/Vergleichbares. Spiegelbildlichkeit im altfranzösischen Prosa-Alexanderroman, Niẓāmīs Iskandarnāmah und Guillaumes Pèlerinage de la vie humaine
6 »Man kann nicht jede Gestalt lieben«. Begehrte Bilder in der persischen Buchkunst
IV Unschuldig schauen. Blicke auf Josefs Schönheit
1 »… so ist seine Schönheit der Beweis dafür, dass du zu entschuldigen bist«.
Josefs Verführung in persischen Handschriften des 15. und 16. Jahrhunderts
1.1 »Du hast dich vor dem steinernen Antlitz geschämt,
ich muss mich vor Gott schämen«. Bihzāds Darstellung
von Josef und Zulaykhā von 1488
1.2 Annäherungen an einen gottgleichen Blick. Jāmīs Yūsuf u Zulaykhā
1.3 Zwischen Traumbild und Idol. Illustrationen des 16. Jahrhunderts
2 Flüchtige Blicke. Josefs Verführung in deutschen Graphiken
des 16. Jahrhunderts
2.1 Typus, Vorbild, Leib und Seele.
Optionen der westeuropäischen Darstellungstraditionen
2.2 Distanzierte Blicke. Sebald Behams Darstellung
von Josef und der Frau des Potifar von 1544
3 Gottgleicher Blick oder Flucht. Bedingungen der Entschuldigung –
von Blicken in deutschen und persischen Josefsdarstellungen im Vergleich
V Idole der Anderen.
Abschließende Betrachtungen zu fremden Bildern – und Konversionen
1 Von den Meriten der Betrachtung eines Stückes Holz.
Ein »Sarazene« verehrt ein Marienbild
2 Ignorante Blicke, wegweisende Antworten.
Ein Mönch aus »Rūm« adressiert ein Idol
3 Fremdes Idol und familiäre Imagination. Ein »Maure« verehrt ein Marienbild
Zum Schluss – Dispositive der Transformation,
oder: Zur Relationalität von Blicken
Bibliographie — Abbildungsnachweis — Dank