Im Horizont des Todes:
Glaubensvorstellungen und Rituale in den Religionen

Christoph Elsas / Thomas Gebauer / Wilhelm Richebächer:
Sterben, Tod und Trauer in den Religionen und Kulturen der Welt, Band 4
Berlin: EB-Verlag 2021, 249 S., Abb.

ISBN 978-3-86893-200-3

Inhaltsangabe und Leseprobe

Verlagsinformation

Aleida Assmanns „Erinnerungskultur“ sowie Martha Nussbaums „Gelassenheit“ und „Kosmopolitismus“ inspirierten angesichts der tödlichen Bedrohung der Menschen auf allen Erdteilen durch das Corona-Virus die Fertigstellung dieses Bandes. Bei allen internen Unterschieden steht dabei Afrika für die arme und Europa für die reiche Weltbevölkerung. Aber das grundlegend Gemeinsame im menschlichen Fragen wurde nie deutlicher.
Wer seit Jahrzehnten afrikanisch-europäischen Blickkontakt hat, kann das wie Thomas Gebauer in Erinnerungsarbeit zur Zukunftsgestaltung formulieren. Wie Wilhelm Richebächer kann er auch auf einen interkulturell-theologischen Lernprozess zur Versöhnung ausblicken, der ein Symbol todüberwindender höherer Gerechtigkeit im schwarzweißen Christus findet.
Nach einem Einblick in äußere Rahmenbedingungen thematisiert auch Christoph Elsas die innere Ebene im Dialog. Seiner Charakterisierung von Traditionsreligion am Beispiel der Yoruba Westafrikas folgen ostafrikanische Interpretationen von Gerechtigkeit im Leben vor und nach dem Tod laut Selbstzeugnissen aus Traditionsreligionen, wie sie Tansanias Weg zu zivilreligiöser Gerechtigkeit eingliederte.
Nach Reflexionen zur Vergleichbarkeit geht Elsas den afrikanisch-europäischen Gemeinsamkeiten aus allgemeineren religiösen Traditionen und speziell aus Bibel und Koran nach. Dem folgen Beispiele, wie sich jüdische und islamische Traditionen für Situationen eigener Minderheit und westlicher Übermacht so auf die Würde aller Menschen interpretieren lassen, dass alle davon lernen können.


Autoren

Prof. Dr. Christoph Elsas war 1991-2010 Professor für allgemeine Religionsgeschichte an der Philipps-Universität Marburg; bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Verfasser von „Religionsgeschichte Europas“. Weiteres

Dipl. theol. Thomas Gebauer ist im Raum Marburg im Rahmen von Forschungsreisen nach Nigeria und Kenia in interkulturellen Entwicklungshilfeprojekten engagiert.

Prof. Dr. Wilhelm Richebächer ist seit 2012 Professor für Systematische Theologie in Interkultureller Perspektive an der Fachhochschule für Interkulturelle Theologie Hermannsburg und seit 2018 Rektor derselben. Weiteres

Vgl. auch: „Sterben, Tod, Jenseits und Wiedergeburt in den Religionen“ 

Inhaltsverzeichnis

Thomas Gebauer
1.  Afrikanisch-europäischer Blickkontakt: Erinnerungsarbeit zur Zukunftsgestaltung … 15
1.1  Menschen in Westafrika … 16
1.2  Menschen in Ostafrika … 25
1.3  Menschen in Nordafrika … 33
1.4  Menschen als Brückenbauer und Dialogpartner zwischen Afrika und Europa … 37

Christoph Elsas
2.  Fragen nach Tod und Gerechtigkeit
     angesichts der Rahmenbedingungen zwischen afrikanischen und europäischen Gesellschaften
… 45
     Erinnerungskultur … 45
     Beispiel Deutschland – Deutsch Südwestafrika – Namibia … 46
     Gemeinsamer Mittelmeerraum … 49
     Kosmopolitismus … 50
     Europäische Kolonialzeit und Unabhängigkeit afrikanischer Staaten … 51
      Dialog … 54

Christoph Elsas
3.  Biographische Anmerkungen zu Gefühl und Überlegung im interkulturellen und interreligiösen Dialog … 57
     Gefühl sicherer Geborgenheit inmitten der Ambivalenzen … 57
     Brückenschlag zum Orientalischen über Menschlichkeit und Kultur … 59
     In der deutschen Dialog-Avantgarde von Kirchen und islamischen Verbänden … 62
     Das Erleben anderer Kulturen und die Internationalen Rudolf-Otto-Symposien … 64
     Die allgemeine Tod-Erfahrung und die Reflexionshilfe der Mystik-Tradition … 68
     Gruppenübergreifende Kooperation durch menschliche Fantasie … 70

Christoph Elsas
4.  Afrikanische Traditionsreligion am Beispiel der Yorùbá Westafrikas
… 73
4.1  Traditions-Überlappungen im Mittelmeerraum und durch Kolonialismus … 73
       Altafrikanische, Ägyptische und griechische Kultur … 74
       Iranische und phönizische, hellenistische und römische Herrschaft in Nordafrika … 74
       Dualismus und Monotheismus … 74
       Zuwanderung von Arabern, Europäern und Indern nach Afrika … 75
4.2  Das Yorùbá-Volk in Nigeria … 76
       Traditionsreligion, Islam und Christentum … 77
       Vielfalt und Gemeinsamkeiten … 78
4.3  Afrikanische Traditionsreligionen … 79
       Gerechtigkeit der höchsten Gottheit … 79
       Einwirkungen vielerlei unsichtbarer Kräfte … 80
       Nachwirken der Traditionsreligion … 82
       Religiöse und juridische Dimension von Riten … 83
       Partner für den Dialog der Religionen … 83
4.4  Die Traditionsreligion der Yorùbá … 84
       Opferriten … 84
       Glaubensvorstellungen … 85
       Verschuldung Verstorbener und Vergöttlichung … 87

Thomas Gebauer
5.  Fragestellungen zwischen Moderne und Tradition am Beispiel Westafrika … 89

Christoph Elsas
6.  Leben vor und nach dem Tod laut Selbstzeugnissen
aus ostafrikanischen Traditionsreligionen – und zivilreligiös
… 97
6.1  Ausgewählte Kleinethnien Tansanias … 97
       Traditionsrecht am Beispiel der Dschagga vom Kilimandscharo … 98
       Ahnenverehrung verbunden mit Christentum und Islam bei den Meru und Dschagga in Nordosttansania … 100
       Gesetze, Tod, Nachleben und Erbrecht bei den Asu/Pare in Nordosttansania … 100
       Fragen rund um das Begräbnis bei den Shambaa in Nordosttansania … 101
       Besessenheit und Austreibung von Geistern an der Ostküste Tansanias … 102
       Gott und Ahnen bei den Turu/Rimi in Ostzentraltansania … 103
       Geisterglaube bei den Pogoro in Südosttansania … 104
        Prophetie und Ahnenverehrung bei den Kinga in Südwesttansania ……………….. 105
       Tod, Nachleben und Funktion des Opferbluts bei den Nyakyusa in Südwesttansania ………….. 105
       Vergleich mit Missionsberichten zu Südwest- und Westzentraltansania…………… 107
        Schöpfergott, Tod, Ahnen und Schadenszauber bei den Nyakyusa …… 107
        Vielfalt der Schöpfungserzählungen …………………………………………….. 109
        Sünde bei den Nyamwezi in Westzentraltansania ………………………….. 110
        Beurteilung von Sünde bei den Haya und Nyambo in Nordwesttansania ………….. 111
        Haya-Verfahren bei Störung der Lebensordnung……………………………. 113
        Nyambo-Tradition zu Blut als das Leben………………………………………. 114
        Unheil und Tod bei den Sukuma in Nordzentraltansania………………… 115
        Entscheid über Leben und Tod durch Blut bei den Massai Kenias und Tansanias … 116
        Mit dem Tod verbundene Tabus und Riten bei den Iraqw in Nordosttansania … 117
6.2  Tansanias Weg zu zivilreligiöser Gerechtigkeit ……………………………… 118
       Unabhängigkeit mithilfe der Swahili-Kultur………………………………….. 119
       Afrikanischer Großfamilien-Sozialismus……………………………………….. 120
       Abhängigkeiten von der westlichen und von der islamischen Welt…… 120
       Beispiel-Situationen vor 1976 bei den Shambaa und vor 1994 bei den Meru … 121
       Traditionsreligionen und Staat … 122
        Kirchen und Staat … 123
        Ausweitung des afrikanischen Grundwertes der Gruppensolidarität … 123

Thomas Gebauer
7.  Lebenssicherung durch Erinnerung und Stärkung gemeinschaftlicher
     Selbstbilder am Beispiel Ostafrika
… 127

Christoph Elsas
8.  Vergleichbarkeit religiös-kultureller Werte Europas und Afrikas … 135
8.1  Gelassenheit angesichts von Unrecht und Tod? … 135
        Gerechtigkeit und Vergebung … 135
        Mandela und Tutu … 136
        Konfliktlösungsansatz im Grundgefühl der Verlässlichkeit … 137
8.2  „Der Gerechten Seelen sind in Gottes Hand, und keine Qual rühret sie an“… 138
        Gerechtigkeit und Leben von Gott her … 139
        Ausweitung der vom gerechten Pharao erwarteten Unsterblichkeit … 140
       Talion und Absage an Gewalt beim Gott Israels … 140
       Aufnahme und Infragestellung altorientalischer Propaganda in Israel … 141
       Unterschiedliche Schutzkonzeptionen in Afrika und in Israel … 142
8.3  Wertegeneralisierung … 143
       Religiöse Friedens- und Konfliktpotenziale … 144
       Afrika mit Europa verbindender Hochgottglaube … 145
       Betonung der Gemeinschaft bei den Menschenrechten … 146
       Konsensprinzip im Palaver … 147
       Begrenzung von Gewalt bei Juden, Christen und Muslimen … 147
       Begrenzung von Gewalt bei Hindus und Buddhisten … 149
8.4  Religionsgeschichtlich fundierter Dialog in kosmopolitischer Verantwortung … 151
       Aufarbeitung eines gemeinsamen Defizits … 151
       Gespräch mit Muslimen … 152
       Fragen nach der Richtigkeit von Religionen … 153
       Europäisches Christentum und Islam … 154
       Toleranz und Intoleranz in Christentum und Islam … 156
       Hinduismus und Buddhismus als global bedeutungsvolle Religionen  .. 157
       Christliche Mission und nachchristliche Immunität … 157
       Anpassung und Zurücklehnen ins Eigene … 158
       Offenheit für das End-Gültige in den gültigen Ausdrucksformen des Heiligen … 159
       Selbstdefinition und Unerklärbarkeit … 160

Christoph Elsas
9.
 Afrikanisch-europäische Gemeinsamkeiten aus allgemeineren religiösen Traditionen … 163
9.1  Religion und Recht … 163
       Unsichtbare Kräfte … 163
       Schicksal … 165
       Karma … 166
       Göttliches Recht … 167
       Menschliches Recht … 168
9.2  Gerechtigkeit Gottes … 168
       Welt-Wert-Ordnung Ma’at … 169
       Richten und Retten … 170
       Kampf für Gerechtigkeit … 170
      „Horizont Gerechtigkeit“ in Traditionsreligionen … 171
       Konvergenzen mit Karma und Dao … 171
9.3  Recht und Gerechtigkeit … 172
       Legitimation von Herrschaft … 172
       Geistige Wahrheit statt irdischer Ehre … 173
       Erhaltung der kosmischen Weltordnung … 175
       Unterscheidung von Rechtsprechung und letztendlicher Gerechtigkeit … 175
       Kodifizierung von Rechtsprechung und Gerechtigkeitsakten des Königs … 177
       Erhoffen und Einklagen göttlicher Erhörung … 178
       Aus Königscharisma unveränderliche Rechtsentscheide … 178

Christoph Elsas
10.  Afrikanisch-europäische Gemeinsamkeiten aus Traditionen der Bibel und des Korans … 181
10.1  Religion und göttliches Recht … 181
10.2  Gerechtigkeit Gottes … 182
         Gottes Ordnungen für die Welt und für Israel … 183
         Letztendliches Vertrauen … 183
         Instrumentalisierung der Vorstellung vom Zorne Gottes … 184
         Verwirklichung der Gottesherrschaft in liebender Vergebung … 185
         Gerechtigkeit und Barmherzigkeit … 186
10.3  Recht und Gerechtigkeit … 188
         Bund Gottes mit seinem Volk … 188
         Heiligend-rettende Nähe Gottes in seinem Gesetz … 189
         Uneingeschränkte Solidarität und geduldige Treue … 190
         Gerechtigkeit und Unsterblichkeit … 191
         Rechtsein vor Gott … 192
         Tun-Ergehen-Zusammenhang … 193
         Dialog zwischen jüdischen und christlichen Interpretationen … 193
         Muslimische Orientierung an der Scharia … 195

Christoph Elsas
11.  Tod und Gerechtigkeit in der Erfahrung einer Minderheit –
       eine Perspektive aus der Tradition der Bibel: Lernen am Purimfest des Judentums
… 197
11.1  Ambivalenz … 197
         Verwendung als Brandbeschleuniger … 197
         Biblische Grundlage des Purimfests … 197
         Gemeinschaft durch die „ganz andere Wahrheit“…. 198
         Mythische Sinnstiftung für die materielle Geschichte … 199
11.2  Die Ester-Erzählung … 200
         Verabsolutierung menschlichen Machtanspruchs … 200
         Exodus und Purim … 201
11.3  Gewalt und Tod … 201
         Recht und Gewalt … 202
11.4  Recht und Gerechtigkeit … 203
         Eine Frauengeschichte … 204
         Weltgeschichtliches Drama … 205
11.5  Lernen am Beispiel jüdischer Minderheiten ……………………………….. 206
         Christliches Lernen am Esterbuch … 207
         Gleichberechtigung statt zentralstaatlich religiöser Homogenisierung … 209

Christoph Elsas
12.  Tod und Gerechtigkeit in der Erfahrung westlicher Übermacht –
       eine Perspektive aus der Tradition des Korans bei der Verständigung zu Menschenrechten
… 211
12.1  Situationsbezogenes Verständnis des Korans………………………………. 211
         Grundfragen zum Dialog über das Verhältnis von Islam und Menschenrechten … 211
         Koranauslegung in der Begegnung mit Europa … 212
12.2  Drohende Vernichtung und mit dem Islam verbundene Unsterblichkeitshoffnung … 214
         Islamische und westliche Bildung … 214
         Vom Koran inspirierte Naturbetrachtung … 215
         Absage an naturalistischen Egoismus … 216
         Kriterium Gemeinschaftswohl … 218
12.3  Stärkung des Glaubens gegen Verabsolutierung menschlichen Denkens und Herrschens … 219
         Scharia als Kraft des Wortes gegen Macht … 220
         Gegenseitige Unterstützung in Gottes Schöpfung … 220
         Freiheit der Wissenschaften zum Wohl des Menschen … 221
         Für einen ethnisch und weltanschaulich neutralen Staat … 222
         Hauptziel Erneuerung des Glaubens … 223
12.4  Gewaltloses Eintreten für Gerechtigkeit in Freiheit … 224
         Für freiheitliche Beziehungen von wahren Christen und Muslimen … 224
         Für einen eigenständigen Staat mit Rechtssicherheit … 225
         Anerkennung kultureller Verschiebungen … 226
         Lebenskriterium Auferstehungsglaube ……. 227
12.5  Unterscheidung zwischen Gutem und Schlechtem in den Traditionen Europas … 227
          Geistiger Schulterschluss mit wahren Christen … 228
          Interreligiöse Annäherungen … 229
          Kooperation statt islamistischer Politik … 229 Wilhelm Richebächer
13.  Versöhnung: Der schwarzweiße Christus als Symbol todüberwindender höherer Gerechtigkeit … 231
13.1  Wegmarke und Anstoß zum interkulturell-theologischen Lernprozess … 232
13.2  Versöhnung und Vergebung sind möglich – als teures Geschenk…… 233
13.3  Das transkulturelle Potential von Versöhnungsritualen:
         Aktuelle Psychotherapie und Hirnforschung unterstützen interkulturelle Theologie … 237
13.4  Ein künstlerisches Symbol für gerechten Frieden in und durch Afrika … 240
         Die Zukunft Afrikas als Probe auf seine religiös-kulturelle Berufung … 240
         Problemen ins Auge sehen – Perspektiven ernstnehmen … 243
         Kopfüber im Todesrachen – angepasst oder eingesperrt zwischen Traditionalismus und Moderne? … 245
         Der Tod des schwarzen Messias als Realsymbol für die Ohnmacht Afrikas und der ganzen Menschheit … 246
         Die Geburt eines neuen Afrikas als Teil einer erneuerten Menschheit … 249