Konstruktionen der Mystik als Universalie.
Wurzeln und Wechselwirkungen über Grenzen hinweg
Buch des Monats Januar 2022

Annette Wilke / Robert Suckro / Robert Stephanus (eds.):

Constructions of Mysticism as a Universal. Roots and Interactions Across Borders

Oriental Studies “Religious Studies” Oriental Religions, vol 71

Wiesbaden: Harrassowitz 2021, XII, 503 pp., 5 illustr., 3 tables

ISBN 978-3-447-10785-3 -Printed Version

ISBN 978-3-447-19629-1 – E-Book (pdf)

Kulturelle Kontexte:

Editor’s information

This volume charts the fascinating history of the multiple roots and interactions which underlie the modern popular understanding of mysticism as a universal phenomenon across epochs and cultures. In an unprecedentedly broad interdisciplinary exchange, international scholars from different disciplines critically examine the concept and mental maps of the term ‘mysticism’ which enjoyed a central role in classical theories of religion, as developed in fields like Psychology, Sociology, History or Phenomenology. However, mysticism lost its prominence after the controversial debates in the second half of the twentieth century about whether mystical experience should be considered universal or socio-culturally constructed.

After four decades of silence, this volume ventures a stimulatingly novel approach to mysticism as a universal, transcultural category from the perspective of the Cultural Studies of Religion. This includes the question of how a European concept fraught with Christian notions was transferred to non-European cultures and secular contexts, and thereby attained new meanings and functions in daily life. Fresh insights are gained by examining three major areas:

  1. mysticism’s potential for boundary crossing in earlier centuries of European history;
  2. the history of mysticism research in context – from the mysticism boom at the fin de siècle and early twentieth century to its renewed attractiveness in American counterculture and the psychedelic movement to its transformation into postmodern spirituality; and
  3. universal mysticism’s absorption of Eastern religions (notably Buddhism, Hindu traditions, and Daoism) as well as Asian insiders’ self-conceptions.

Deutsche Erläuterung: Mystik als Universalie und damit alle Kulturen umfassend

Dieser Band zeichnet die faszinierende Geschichte der vielfältigen Wurzeln und Wechselwirkungen nach, die dem modernen populären Verständnis von Mystik als einem universalen Phänomen über Epochen und Kulturen hinweg zugrunde liegen. In einem beispiellos breiten interdisziplinären Austausch setzen sich internationale Wissenschaftler *innen aus verschiedenen Disziplinen kritisch mit dem Konzept und den mentalen Landkarten des Begriffs „Mystik“ auseinander.  Dieser spielte nämlich in klassischen Religionstheorien, wie sie in Bereichen der Psychologie, Soziologie, Geschichte oder Phänomenologie entwickelt wurden, eine zentrale Rolle. Nach den kontroversen Debatten in der zweiten Hälfte des
20. Jahrhunderts über die Frage, ob mystische Erfahrungen als universal oder soziokulturell konstruiert anzusehen sind, verlor die Mystik jedoch an Bedeutung.

Vier Jahrzehnte lang wurde diese Thematik kaum angesprochen. Deshalb bietet dieser Band einen anregenden neuen Zugang zur Mystik als einer universalen, transkulturellen Kategorie aus der Perspektive der kulturwissenschaftlichen Studien zur Religion. Dazu gehört auch diese – nicht nur historische – Frage:  Wie wurde ein europäisches Konzept – mit christlichen Vorstellungen behaftet  – in außereuropäische Kulturen und säkulare Kontexte übertragen? Denn dadurch erlangte das Verständnis von Mystik neue Bedeutungen und Funktionen im Alltag.
Die Autor*innen gewinnen neue Einsichten durch die Untersuchung dreier Hauptbereiche:

  1. das Potenzial der Mystik zur Grenzüberschreitung in früheren Jahrhunderten
    der europäischen Geschichte
  2. die Geschichte der Mystikforschung in diesen Kontexten: Neue Attraktivität   der Mystik-Boom vom Ende des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts . Erstaunlich ist aber inzwischen die Faszination der  Mystik in der amerikanischen Gegenkultur und der psychedelischen Bewegung bis hin zu ihrer Transformation in postmoderne Spiritualität.
  3. die Absorption östlicher Religionen (insbesondere des Buddhismus, der hinduistischen Traditionen und des Daoismus) durch das Verständnis einer universalen Mystik sowie den Selbstverständnissen asiatischer Insider.

Inhaltsverzeichnis / Contents