Der Amerikaner Michael Rakowitz (geb. 1973) gehört zu den politisch sensiblen und ausdrucksstarken Künstlern. Er sieht seine Tätigkeit im Zusammenhang gesellschaftlicher Umbrüche und reagiert darauf entsprechend nachdenklich und herausfordernd.
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Für die dOCUMENTA 13 in Kassel hat er ein Steinbuchprojekt der besonderen Art entwickelt.
Im Jahre 2001 zerstörten die Taliban die Buddha-Statuen von Bamiyan. Das Entsetzen war weltweit! Im Frühjahr 2012 bearbeitetetn in einem Workcamp afghanischen und europäische Künstler im Tal von Bamiyan gemeinsam den dortigen Travertin. Michael Rakowitz nimmt nun die Zerstörung wertvoller alter Bücher im Fridericianum durch einen britischen Bomberangreff 1941 auf und stellt einen Zusammenhang von Zerstörung und Wiederaufbau her:
Die Bücher aus afghanischem Travertin zeigen die Muster der zum Teil zerstörten Bücher aus dem Fridericianum und werden so wieder lebendig. Rakowitz hat unter einige dieser „reproduzierten“ Bücher auch die dramatische Geschichte auf den Glasplatten notiert, die mit ihnen verbunden ist.
Übrigens sind auch einige kleine Original-Bruchstücke von den zerstörten Buddha-Statuen ausgestellt.
Es sei daran erinnert, dass die christlich-mittelalterlichen Dekorationsmuster nicht ohne die arabisch-islamische Ornamentik zu denken sind – wie man heute z.B. noch im Vergleich der Steinmetzarbeiten an islamischer Architektur und besonders an romanischen und gotischen Kathedralen bewundern kann.
Die auf der documenta präsentierten Dekorationsmuster und bildlichen
Darstellungen auf den Steinbüchern verdeutlichen die
Grenzüberschreitungen von Kulturen und Religionen und werden so zu einem
Ermahnungs- Zeichen für bedrohte Werte, die gleichermaßen zum
Hindukusch und zu Deutschland gehören.
In: Hessisch/Niedersächsische Allgemeine (HNA), 09.09.12