Dossier: Islam in Europa – Transkulturalität und Interkulturalität seit dem Mittelalter

Dass heute kaum noch jemand vom dunklen Mittelalter redet, hat auch damit zu tun, dass immer mehr deutlich wird, wie sehr das mittelalterliche Europa internationale Verbindungen hatte und es dadurch zu einem Kulturaustausch phänomenalen Ausmaßes kam.

Foto: Fresko  in der Kirche San Baudelio de Berlanga (12. Jh.) mit der Darstellung eines Elefanten; heute im Museo del Prado in Madrid — Der Kalif Harun al-Rashid schenkte Kaiser Karl 801 einen weißen Elefanten namens Abul Abbas  
Vgl. Karl der Große – Geschichte und Legende

Davon zeugen auch die vielen Artefakte, die in die europäischen Kirchen, Paläste und Museen gelangten.
Im Katalog der Hildesheimer Ausstellung „Islam in Europa 1000 – 1250“ wird das am Beispiel der Begegnung Europas mit dem Islam besonders deutlich. So heißt es dort (S. 15f): „Die Objekte zirkulierten zwischen den genannten Zentren und Machtbereichen im östlichen Mittelmeerraum und al-Andalus. Gemeinsam ist den Textilien, Goldschmiedewerken und Elfenbeinschnitzereien, dass sie von geringer Dimension sind und daher ein Transport leicht möglich war. Diese Mobilität ist eine Voraussetzung für ihre Bewegung und Verbreitung im Mittelmeerraum und weiter darüber hinaus … An einem Kalifenhof, im Schatz der Kaiser oder als liturgische Geräte der Kirchen und Klöster hatten die Objekte verschiedene Funktionen, und doch verbanden sie die Kulturen über die Grenzen und Unterschiede von Religionen und Sprachen und geografische Entfernungen hinweg.
Für solche Gemeinsamkeiten und Verflechtungen der Kulturen hat der Philosoph Wolfgang Welsch den Begriff der Transkulturalität etabliert.“
Wolfgang Welsch: Transkulturalität. Realität – Geschichte – Aufgabe.
Wien: new academic press, Wien 2017, 57 S. — Inhaltsverzeichnis und Leseprobe

Zu den Begriffen Multikulturalität, Interkulturalität, Transkulturalität und Plurikulturalität

Foto: In der Hildesheimer Dombibliothek ist die Adelard von Bath (1080? – 1142/1152)
zugeschriebene Übersetzung der „Elemente“ des Euklid erhalten
(Details, Katalog „Islam in Europa“, S. 118-119, s.u.)

Beeindruckende Einblicke in diese Vielfalt und Verflochtenheit bietet der für die Ausstellung im Hildesheimer Dommuseum entstandene Katalogband:

Claudia Höhl / Felix Prinz / Pavla Ralcheva (Hg.)
Islam in Europa 1000 – 1250
Regensburg: Schnell + Steiner 2022, 352 S., Abb. — ISBN: 978-3-7954-3719-0

Der Katalog zur Ausstellung im Dommuseum Hildesheim >>> 

Buchpräsentation im Blog-Portal „Rezensionen“

Verlagsinformation zum Ausstellungskatalog

Kunstvolle Bergkristallgefäße, kostbare Seidenstoffe, raffinierte Elfenbeinschnitzereien und Übersetzungen von wissenschaftlicher Literatur aus dem Arabischen fanden aus den Zentren des Mittelmeerraumes einen Weg bis nach Mitteleuropa. Sie verbanden über die Grenzen von Religionen und Sprachen und geographischen Entfernungen hinweg die Gebiete des heutigen Irak und Iran über Nordafrika und Spanien bis nach Mitteleuropa. In den Kirchenschätzen erhalten, zeugen diese Objekte von den Gemeinsamkeiten der Kulturen in der Zeit zwischen 1000 und 1250. Die Ausstellung bietet eine einzigartige Gelegenheit, dieses auch für die Gegenwart relevante Thema zu betrachten.
> Kostbarkeiten aus der islamischen Welt, die von weit gespannten Kulturkontakten zeugen.
> Kunsthandwerk und Manuskripte als verbindende Elemente von Kultur.
Die Publikation erschien anlässlich der großen Sonderausstellung „Islam in Europa. 1000–1250“ im Dommuseum Hildesheim (7. September 2022 – 12. Februar 2023).

Weitere Zugänge zum Thema:

Focus – Dialog & Auseinandersetzung

Foto: Johanneskapelle in Pürgg,
Steiermark (vor 1120). Im Chorbogen 9mal das arabische Wort für Gott: Allah

Beispiele aus einzelnen Orten (Auswahl, deutschsprachiger Raum):

Reinhard Kirste / Paul Schwarzenau /Udo Tworuschka (Hg.):

Europa im Orient  – Der Orient in Europa. Religionen im Gespräch, Bd. 9 (RIG 9).
Balve: Zimmermann 2006, 528 S.

Rezension mit Inhaltsverzeichnis und Download einzelner Beiträge »»» 

Reinhard Kirste